Gedanke, der

Gedanke, der

Der Gedanke, des -n, plur. die -n, bey einigen auch der Gedanken, des -s, plur. ut nom. sing. von dem Zeitworte denken.

1. Eigentlich und überhaupt, eine jede Vorstellung von einer Sache. In Gedanken seyn, in tiefen Gedanken stehen, auch wenn man sich dieser Vorstellungen nicht deutlich bewußt ist. In engerer Bedeutung verstehet man unter diesem Ausdrucke nur die mit Bewußtseyn verknüpften Vorstellungen. 1) Absolute. Es fallen mir allerley Gedanken ein. Seine Gedanken nicht beysammen haben, zerstreuet seyn. Fasse dich, sammle deine Gedanken, so viel wie möglich ist, Less. Etwas ohne Gedanken thun, ohne Richtung seiner Gedanken auf den gehörigen Gegenstand. Das ist mir nicht in die Gedanken gekommen. Sich der Gedanken entschlagen. Sich etwas in Gedanken vorstellen. Seinen Gedanken Audienz geben, im gemeinen Leben, allerley Vorstellungen nachhängen. Voller Gedanken seyn. In Gedanken seyn, in tiefen Gedanken sitzen, so an etwas denken, daß man sich und anderer Dinge außer sich nicht bewußt ist; im Nieders. mymern, welches mit dem Lat. memorari verwandt ist. Warum stehest du denn so in tiefen Gedanken? Er saß tief in Gedanken. Mein ganzer Gedanke bist du, Weiße. Von ihm zeugt jeder Gedanke unsrer Seele, Gell. Der große Gedanke, Gott regieret und ordnet die allgemeinen und besondern Schicksale der Menschen – ist göttliche Beruhigung des Herzens in Unfällen und Leiden, Gell. Er ist ein recht sanfter Mann, dem noch nie der Kopf von einem Gedanken weh gethan hat, Weiße. Ein lebhafter, starker, kühner, glänzender, körnichter, feiner Gedanke. 2) In Rücksicht auf einen besondern Gegenstand, mit dem Vorworte an. Es sey Krankheit, es sey Verlust der Güter dieses Lebens, – der Gedanke an die göttliche Vorsehung vermindert ihr Schmerzhaftes, Gell. Zuweilen auch mit der zweyten Endung. Diesen Gedanken seiner Unschuld – gäbe er für keine Welt, ebend.

2. Figürlich, mit verschiedenen Nebenbegriffen, theils in weiterer, theils in engerer Bedeutung. 1) Von den mit einem Urtheile verbundenen Vorstellungen; am häufigsten im Plural. (a) Für Meinung. Er stand in den Gedanken, daß ich die Erbinn des Testamentes wäre. Ich war in den Gedanken, daß er heute nicht kommen würde. Er hat sehr hohe Gedanken von sich. Sie wäre es nach meinen Gedanken wohl werth. Jemanden auf bessere Gedanken bringen, ihm eine bessere Meinung beybringen. Wir haben einerley Gedanken. Jemanden seine Gedanken eröffnen. Auf andere Gedanken kommen. (b) Für Vermuthung. Wie können sie doch auf die Gedanken fallen? Ihr stetes Bethen und Singen bringt mich fast auf die Gedanken, daß sie nicht fromm ist, sondern nur fromm scheinen will, Gell. Ich komme fast auf die Gedanken, daß sie ihn nicht leiden kann. Sich arge, böse Gedanken von jemanden machen. Besonders von der Vermuthung einer unangenehmen Sache, für Argwohn. Wenn ich argwöhnisch wäre, so könnte ich mir allerhand Gedanken machen Gell. 2) Von der Vorstellung einer abwesenden oder vergangenen Sache, für Erinnerung, Andenken; doch nur in einigen Fällen und im Plural.


Ich will mir Sylvia aus den Gedanken schlagen,

Gell.


Sich Gedanken über etwas machen, darüber bekümmert seyn. 3) Von einer ganzen Reihe zusammen hängender Vorstellungen, für Betrachtung, und deren schriftlichen Aufsatz. Die letzten Gedanken sind immer reifer als die ersten. Ich hatte allerley Gedanken darüber. Sterbensgedanken. Gedanken über den zwischen Rußland und der Pforte geschlossenen Frieden. 4) Von der Vorstellung einer künftigen Sache als wahrscheinlich, auch nur im Plural; besonders von einer angenehmen, für Hoffnung. Er macht sich die Gedanken, er werde das Amt erhalten. Seine Gedanken sind ihm fehl geschlagen. In ihren Gedanken ist sie schon gnädige Frau. 5) Von der Vorstellung einer Absicht, für Entschließung, Vorhaben; gleichfalls nur im Plural. Friedensgedanken, Kriegesgedanken haben. Ich gehe mit den Gedanken um zu verreisen. Diese Gedanken sind mir vergangen. Gott erhalte ihn bey diesen Gedanken! Bleib bey den Gedanken, du wirst wohl dabey fahren, Gell. In der Deutschen Bibel wird es auch mehrmals von sinnlichen Begierden gebraucht. 6) Die ersten Ideen, welche der Künstler auf das Papier entwirft, in der Zeichenkunst und Mahlerey.

Anm. Dieses Wort lautet um das Jahr 790 Gidachtdi, gleichsam Gedächte, aber schon bey dem Kero Kedanc, Kidancha, bey dem Ottfried Githang, bey dem Willeram Gedank, im Angelsächsischen Gedhanc. Im Isidor bedeutet Chidanc den Verstand. Das einfache Dank, welches auch noch in dem Schwedischen Thanke und Niedersächsischen Dank vorhanden ist, ist auch im Oberdeutschen nicht selten.


Die Nacht hett er manchen Dannck,

Theuerd. Kap. 68.


In solchen Dannkchen reyt er weg,

Theuerd. Kap. 68.


Ottfried gebraucht dafür auch Thahti. In einigen, besonders Oberdeutschen Gegenden, ist dieses Wort weiblichen Geschlechtes, die Gedanke. S. Denken und Gedenken.


http://www.zeno.org/Adelung-1793. 1793–1801.

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