Grob

Grob

Grób, gröber, grȫbste, adj. et adv. 1. Eigentlich. 1) Groß, stark; doch nur noch in einigen Fällen. Grobe Sauen, bey den Jägern, starke, große Sauen. Grobe Münze, grobes Geld, welches aus größern Stücken bestehet, und auch hartes Geld genannt wird. Grobes Geschütz, im Gegensatze des kleinern. Eine grobe Schrift, welche aus großen Buchstaben bestehet. Die Feder schreibt zu grob, wenn sie zu starke, zu große Züge macht. Grobe Späne, im Gegensatze der kleinen oder feinen. S. Grobschmid. 2) Aus sehr in die Sinne fallenden, großen, starken Theilen bestehend; im Gegensatze des Feinen. Grober Sand, ein grobes Schießpulver. Ein grober Sandstein, der aus grobkörnigem Sande bestehet. Grobes Mehl, grobes Brot. Ein grober irdischer Körper, im Gegensatze eines feinern, weniger in die Sinne fallenden. Eine derbe grobe Speise. Grob gestoßenes Gewürz. Grobe Leinwand, grobes Papier, grobe Fäden. Grober Draht, dicker, im Gegensatz des feinen oder dünnen. Ein grober Kittel, der aus grober Leinwand bestehet. Eine grobe ungesunde Luft. Äußerst anpassend, lau uns grob müssen die Eindrücke der äußern Dinge seyn, wenn der Dummkopf Vergnügen fühlen soll, Zimmerm. 2. Figürlich. 1) Fähig, nur grobe, sehr sinnliche Dinge zu empfinden. Ein grobes Gefühl haben. Die groben Seelen suchen sich so wie die seinen. Grobe Sinne haben. 2) Mit dem Nebenbegriffe der Ungeschicklichkeit, des Mangels der Feinheit, der Kunst, des Fleißes; im Gegensatze des Zarten, noch mehr aber des Feinen. Grobe Glieder haben, plume; grob von Gliedern seyn. Grobe Hände, starke und harte Hände. Eine Sache aus dem Groben, oder aus dem Gröbsten arbeiten. Grobe Arbeit verrichten, schwere, beschwerliche Arbeit, wozu keine Geschicklichkeit außer der Stärke des Leibes erfordert wird. Grobe Waaren, im Gegensatze der feinen. 3) Von der Stimme, für tief, besonders unangenehm tief. Eine grobe Sprache, eine grobe Stimme haben. 4) Grob schwanger seyn, im gemeinen Leben, hoch schwanger seyn; im Oberdeutschen auch grobes Leibes seyn, im Nieders. graves Fotes gaan. 5) Grobe Gänge, grobe Geschicke, im Bergbaue, welche nur geringhaltige Silbererze führen. 6) Eine grobe Lügen, die als Lügen leicht kenntlich, aller Wahrscheinlichkeit beraubt ist. Grobe Irrthümer, welche sehr leicht als Irrthümer erkannt werden können, wissentliche Verläugnung der Wahrheit. Grobe, große, schwere, Laster, die von jedermann als Laster erkannt werden. Ein grobes Verbrechen, ein grober Fehler, ein großer, starker, der leicht erkannt und vermieden werden konnte. 7) Eine Sache ganz vorstellend, ohne aus Klugheit einen oder den andern Theil davon zu verbergen, im Gegensatze des Feinen; doch nur in einigen Fällen. Eine grobe Schmeicheley. Einem gar zu grob schmeicheln. Ein grober Gottesläugner. Etwas grob heraus zu sagen. 8) Den angenommenen Wohlstand, die eingeführten guten Sitten in einem hohen Grade beleidigend, und in dieser Beschaffenheit gegründet; wo es zugleich ein harter Ausdruck für unhöflich ist. Ein grober Mensch; in den niedrigen Sprecharten, ein grober Bauer, grober Esel, grober Flegel u.s.f. S. Grobian. Ein grober Scherz, der den Wohlstand, die Achtung gegen andere beleidiget. Einem andern grob begegnen. Grob mit jemanden scherzen, reden. 9) Im gemeinen Leben in Gestalt eines Nebenwortes zuweilen auch von einem zu hohen Grade der innern Stärke einer Handlung. Das ist zu grob, zu arg. Jetzt macht er mir es zu grob.

Anm. So lange grob am Ende nicht verlängert wird, hat es im Hochdeutschen ein geschärftes o, als wenn es gropp geschrieben wäre. Bey der Verlängerung des Wortes aber, der grobe u.s.f. ist das o gedehnt. Eben so ist es im Nieders. wo das Nebenwort grov, das Beywort de grave u.s.f. lautet. Im Oberd. hingegen ist das o auch in grob gemeiniglich gedehnt, und in einigen Gegenden lautet es gar graub. In den Oberdeutschen Schriften der ältern und mittlern Zeiten kommt dieses Wort nicht vor, außer daß in Chriemhilden Rache Kravoheit für Roheit, Wildheit, angetroffen wird. Im Dän. lautet es grov, im Schwed. wo es aber auch nicht alt ist, grof, im Pohln. gruby. Im Böhmischen ist hruby groß, und im Wallis. rhef dick. Die Abstammung ist noch ungewiß, weil mehrere Wörter mit gleicher Wahrscheinlichkeit Anspruch darauf machen. Wachter leitet es von grappen, greifen, tappen, Frisch von rauh, rudis, crudus, Ihre vom Latein gravis, andere von dem alten grow, wachsen, her, welche Ableitung dadurch scheinbar wird, weil im Dithmarsischen für grob grün üblich ist. Im Holländ. ist groven stark, dick werden. S. auch Graupe, Griebe und groß, welche mit ihren Stammwörtern gleichfalls mit in Betrachtung kommen können.

Dieses Wort kann mit vielen auch sonst allein ungewöhnlichen Beywörtern zusammen gesetzet werden, ihre grobe Beschaffenheit in den beyden eigentlichen Bedeutungen zu bezeichnen, z.B. grobkörnig, grobfädig, grobgliedrig, grobsandig u.s.f. wovon im folgenden nur einige angeführet werden.


http://www.zeno.org/Adelung-1793. 1793–1801.

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