Allein

Allein

Allein, eine Partikel, welche in gedoppelter Gestalt üblich ist.

I. Als ein Umstandswort, eine Sache mit Ausschließung aller andern zu bezeichnen. Besonders,

1. Eine Sache mit Ausschließung aller andern anzudeuten, oder etwas mit Ausschließung aller andern Dinge von derselben zu behaupten. Den Wein allein trinken, ihn ohne Vermischung mit Wasser trinken. Nur allein Wein trinken, nichts als Wein trinken. Du sollst deinem Gott allein dienen, keinen andern als Gott. Ihm allein, (keinem andern als ihm) gebühret diese Ehre. Dieser allein hat sie alle übertroffen. Vielleicht ist es auch die Katze allein, die sie durch ihre Andacht erbauet, Gell. Ingleichen, mit einigen Zusätzen zur Verstärkung der Bedeutung. Ich war ganz und allein von dem Gefühle eingenommen. Er lebt einzig und allein für andere.

Man siehet hieraus, daß allein, wie manche andere Umstandswörter, auch bey Nennwörtern stehen könne. Die Ursache davon wird in dem Anm. gezeiget werden. Es stehet alsdann hinter dem Nennworte, außer wenn eine Präposition darauf folgt, oder nur vorher geht, da es auch vor demselben stehen kann. Allein von dir hoffe ich Trost. Nur allein du hilfst mir, Heer!


Uns spricht der Scheinfreund, so wie du,

Allein bey guten Tagen zu,

Haged.


Allein steht hier für nur. Doch kann es dessen Stelle nicht überall vertreten, besonders wenn eine Zweydeutigkeit mit der folgenden Bedeutung zu besorgen ist. Z.B. ich habe nicht geschlafen, ich habe allein geschlummert. Diese Zweydeutigkeit wird in den meisten Fällen vorhanden seyn, wenn allein in dieser Bedeutung den Verbis zugesellet wird.

2. In engerer Bedeutung, die Anwesenheit oder Gesellschaft anderer auszuschließen, in welcher Bedeutung es bloß zu den Verbis gehöret. Allein wohnen, schlafen, essen. Lassen sie mich allein. Erlauben sie mir, daß ich sie allein lasse. Ich will dich mit ihm allein lassen. Er ist niemahls gern allein. Kein Unglück kommt allein. Fürchten sie sich denn, mit einer Mannsperson allein zu seyn? Gell. Einsam wirst du dich dünken, und öde werden die Tage seyn, die du allein leben mußt, Dusch. Um des Nachdruckes willen, werden dieser Partikel zuweilen noch einige Zusätze beygefügt. Dahin gehöret besonders das ganz allein, und in der Kernsprache des großen Haufens das Mutter Seel allein.

Wenn es am Ende des Satzes stehet, so pflegen viele, aber unnöthiger Weise, ein e daran zu hängen. Er wich in die Wüsten alleine. Lassen sie uns doch nicht alleine.

3. In noch engerer Bedeutung, die Beyhülfe anderer auszuschließen. Das Kind kann noch nicht allein gehen. Ich bin der Sache allein nicht gewachsen. Das haben wir ganz allein gemacht. Er spricht ja ganz allein, Gell.

Anm. 1. Ohne allein, für außer, ist im Hochdeutschen veraltet.


Sy waren all mit Freud beladen

On allein der valsch Nevdelhart,

Theuerd. Kap. 85


In den neuern Zeiten hat man verschiedene Composita mit dieser Partikel versucht; z.B. Alleinkauf, Alleinhandel, für Monopolium, Alleingespräch, besser Selbstgespräch, Alleinherr und Alleinherrschaft, für Monarch und Monarchie, welche aber wenig Liebhaber gefunden haben, weil die Partikeln zu neuen Zusammensetzungen am unschicklichsten sind.

Anm. 2. Für allein war in allen obigen Bedeutungen anfänglich das Zahlwort ein üblich, welches denn seine ordentliche Abänderung behielt, und der damahligen Gewohnheit zu Folge, den Substantiven und Pronominibus auch nachgesetzet wurde. Ih eine, ich allein, Notker. Si einu, sie allein, ebend. Imo einemo ihm allein, Tatian. In themo einen brote ni liber ther man, der Mensch lebet nicht von dem Brote allein, ebend.


Du ritest hinnen und last mich einen,


du reitest von hinnen und lässest mich allein, Ditmar von Ast, unter den Schwäbischen Dichtern.


Ich vant si verborgen

Eine und ir wengel von trehen nas,


ich fand sie verborgen und allein, und ihre Wange von Thränen naß, Heinrich von Moringen. Und daher kommt es auch, daß allein noch heut zu Tage zu Nennwörtern gesetzt wird, ob es gleich nunmehr seine Declination verloren hat. Mit dem verstärkenden Zusatze all, alaine, kommt es zuerst bey dem Stricker vor. Bey noch spätern Oberdeutschen Schriftstellern, z.B. dem Hornegk, findet man dafür auch altersain, altersalain, alterayns.

II. Als eine Conjunction, welche

1. In allen Stücken mit dem aber überein kommt und daher, so wie dieses, so wohl im Nachsatze, als im Vordersatze, stehen kann, nur daß es seinen Platz allemahl zu Anfang der Rede bekommt, und nicht wie das aber, einem oder mehrern Wörtern nachgesetzt werden kann. Im Nachsatze bezeichnet es theils einen Gegensatz, er wollte gern, allein er kann nicht; theils eine Ersetzung und Einschränkung des Vordersatzes, durch alle mögliche Schattirungen. Z.B. Er ist ein rechtschaffener Man; allein es hilft ihm nichts. Sie sind zwar etwas weitläufig; allein sie sollen ohne Einwurf Recht haben, Gell. Ich wußte wohl, daß sie es nicht waren; allein ich wollte mir meinen Antrag durch eine verstellte Ungewißheit leichter machen, ebend.


Wie spielt die schöne Blase nicht

So bunt am goldnen Sonnenlicht?

Allein, ein Hauch! Weg ist die Pracht,

Und ihrer wird nicht mehr gedacht,

Weiße.


Im Vordersatze kann allein gleichfalls den Übergang von einer Sache zur andern machen, wenn gleich kein begreiflicher Zusammenhang zwischen beyden vorhanden ist; indeß ist doch in diesem Falle das aber gebräuchlicher.

Da sich wohl nicht leicht ein Fall finden wird, in welchem man nicht diese beyden Bindewörter ohne Nachtheil des Verstandes oder des Wohlklanges mit einander vertauschen könnte; so kann alles, was oben bey aber angemerket worden, auch auf dieses angewandt werden. 2. Nicht allein, – sondern auch, gehöret unter die verbindenden Redensarten. S. Nicht.

Anm. Für nicht allein – sondern auch, findet sich zwar schon bey dem Notker, nit ein – nub ouh; aber als ein eigentliches Bindewort betrachtet, scheinet allein doch neuern Ursprunges zu seyn; wenigstens ist es mir bey den ältern Fränkischen und Alemannischen Schriftstellern in dieser Gestalt nicht vorgekommen.


http://www.zeno.org/Adelung-1793. 1793–1801.

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