Halb (1)

Halb (1)

1. Halb, halben und halber, drey Partikeln, wovon wenigstens die beyden eigentlich Hauptwörter sind, und welche jetzt noch in folgenden Fällen gebraucht werden. 1) * Die Seite eines Körpers zu bezeichnen. Bey den Schwäbischen Dichtern bedeutet anderthalp, auf der andern Seite, bey dem Ottfried in allon anahalban min, auf meiner ganzen Seite. Doch in dieser Bedeutung ist es außer dem Worte allenthalben nunmehr veraltet, S. Halbe und Allenthalben. Im Oberdeutschen hat man noch beydenthalben, auf beyden Seiten, und enhalb für jenseit. 2) Die Gegend, die Richtung in Beziehung auf einen andern Körper, wo das halb noch in einigen zusammen gesetzten Nebenwörtern vorkommt, und ungefähr so viel als -wärts bedeutet. Außerhalb, oderhalb, innerhalb, unterhalb, die äußere, obere, innere und untere Gegend eines Dinges zu bezeichnen. Da diese Nebenwörter alle Mahl die zweyte Endung des Hauptwortes erfordern, innerhalb der Stadt, unterhalb des Flusses, daher sie von einigen auch unter die Präpositionen gerechnet werden, so erhellet, daß halb auch hier eigentlich das folgende Hauptwort die Halbe ist. Einige legen diesen Nebenwörtern auch noch die dritte Endung bey, welches aber in der anständigen Sprechart ungewöhnlich ist, und nur noch zuweilen bey dem großen Hausen vorkommt; z.B. innerhalb drey Tagen, für innerhalb dreyer Tage. Siehe diese Wörter selbst. Im Oberdeutschen hänget man dieses halb noch an andere Wörter. Sonnenhalb kommt bey dem Walser für südwärts vor, und in Boxhorns Glossen findet sich northhalba und sundhalba für nordwärts und südwärts. 3) Figürlich, werden halben und halber, so wie die ähnlichen Vorwörter willen und wegen, oft gebraucht, einen Bewegungsgrund zu bezeichnen, da sie denn die zweyte Endung des Hauptwortes erfordern und alle Mahl hinter demselben stehen. Ich thue es der Freundschaft halben. Deiner Verbrechen halben wirst du gestraft. Die Welt ist gewiß nicht allein des Menschen halben erschaffen. Ich habe ihn noch einiger Sachen halben zu sprechen. So auch ohne Artikel. Alters halber hätte er noch lange leben können. Gewissens halber zu etwas verbunden seyn. Halben wird in diesen Fällen gesetzet, wenn das vorher gehende Hauptwort den Artikel ausdrücklich bey sich hat; halber aber, wenn derselbe fehlet, da denn der Articulus Propositivus dessen Stelle vertritt. Etwas des Gewinstes halben thun, oder etwas Gewinstes halber thun. Die meisten gebrauchen halben und halber ohne diesen Unterschied zu beobachten, der doch sehr gegründet zu seyn scheinet. Wenn kein Artikel vorhanden ist, so pflegen viele das halber mit dem vorher gehenden Hauptworte zusammen zu ziehen; scheinshalber oder Scheinshalber, Bethenshalber, Neidshalber, Ehren, welches im gemeinen Leben mit dem hier sehr übel angebrachten t euphonico ehrenthalber lautet. Allein richtiger schreibt man sie getrennt, Scheines halber, Ehren halber. Ein wirklicher Fehler aber ist es, wenn man noch das Vorwort um dazu setzet, welches hier völlig überflüssig ist, obgleich Gottsched sagt, um des Wohlstands halber, für des Wohlstandes halben.

Halb und halben werden auch häufig mit einigen demonstrativen und relativen Fürwörtern zusammen gesetzet, welche alsdann gleichfalls in der zweyten Endung stehen, und mit diesen Wörtern die Gestalt eines Bindewortes bekommen. Derhalb oder derhalben, und nach der ältern Form derohalben, deßhalb oder deßhalben, weßhalb oder weßhalben, wo der, deß und weß die verkürzten Genitivi für derer oder deren, dessen und wessen sind, welche auch wohl im gemeinen Leben wirklich gebraucht werden, aber alsdann das t euphonicum annehmen; derenthalben, dessenthalben, wessenthalben. Siehe 2. Der Anm. 3. Für derhalb sagt man lieber derhalben, aber deßhalb und deßhalben, weßhalb und weßhalben scheinen gleichgültig zu seyn; nur halber, welches viele in diesen Zusammensetzungen gleichfalls gebrauchen, möchte schwer zu vertheidigen seyn, weil halben eigentlich die dritte Endung des Plurals von dem Hauptwort Halbe ist, welche von einem ausgelassenen Vorworte regieret wird. Eben dieses gilt auch, wenn halben mit den zueignenden Fürwörtern mein, dein, sein, unser, euer, ihr, zusammen gesetzet wird, von welchen nur noch dieses zu merken ist, daß sie um des Wohlklanges willen statt des n ihres Genitivs, ein i annehmen; meinethalben, deinethalben, seinerhalben, unserhalben, eurethalben, ihrethalben, für meinen, deinen, seinen, unsern, euren, ihren Halben. S. 2. Dein I. wo schon das nöthigste von dieser Zusammensetzung gesagt worden. Auf ähnliche Art sagt Cicero pro mea parte, meinethalben.

Ehedem waren halb und halben noch in einigen andern Fällen üblich. Ist minan halbun gedan, heißt bey dem Ottfried, ist in meinen Nahmen gethan. Vbe Gott unser halp ist, bedeutet bey dem Notker, wenn Gott für uns ist.


http://www.zeno.org/Adelung-1793. 1793–1801.

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