- Handlung, die
Die Handlung, plur. die -en, von dem Zeitworte handeln. 1. In dessen ersten Bedeutung, dasjenige Geschäft, da man Waaren um Gewinnes willen kaufet und verkaufet. 1) Eigentlich, und ohne Plural, als ein Collectivum, von mehrern einzelnen dahin gehörigen Geschäften, wo es in der anständigen Sprechart vor dem Worte Handel gern den Vorzug hat. Ein Land in welchem die Handlung blühet. Die Handlung nach Frankreich, nach Ostindien. Die Handlung erlernen. Sich der Handlung widmen. Statt der zusammen gesetzten Weinhandlung, Lederhandlung, Kornhandlung u.s.f. sagt man lieber Weinhandel, Lederhandel u.s.f. 2) Ein Kaufmann, wo es doch nur von ansehnlichen großen Kaufleuten gebraucht wird, und zunächst den ganzen Umfang ihrer Handlungsgeschäfte bezeichnet; ein Handelshaus. Die Richtersche Handlung in Leipzig. In der Fregischen Handlung Diener seyn. In diesem Verstande sagt man auch eine Weinhandlung, Seidenhandlung, Spezereyhandlung u.s.f. Zuweilen bezeichnet es auch das Recht zu handeln mit den vorräthigen Waaren und Bequemlichkeiten, wo es auch von geringern Anstalten dieser Art gebraucht werden kann. Eine Handlung verkaufen, an sich kaufen. Eine Handlung anlegen, errichten. 2. In weiterer Bedeutung, eine durch Vorstellung bewirkte äußere eigene Veränderung, eine Bewegung des Leibes, welche von dem Willen herrühret. In diesem Verstande gebraucht man es in den bildenden Künsten, für das Franz. Action, von der Stellung und Anordnung des Körpers und seiner Theile, besonders des Gesichtes, wenn sie dem Gegenstande gemäß ausgedruckt sind. 3. In den Schauspielen ist die Handlung ein Theil des Drama, welcher eine Reihe von Veränderungen in sich fasset, welche zusammen genommen ein Ganzes ausmachen; nach dem Latein. Actus, Ital. Atto, Franz. Acte. Man nennet eine solche Handlung auch einen Aufzug, weil bey jeder neuen Handlung gemeiniglich auch der Vorhang aufgezogen wird. In den Schauspielen des 15ten und 16ten Jahrhundertes findet man dafür die Ausdrücke Geschichte, Übung und Wirkung gebraucht. In engerer Bedeutung ist in einem Schauspiele die Handlung, das aus allen zusammen gehörigen Veränderungen entstehende Ganze; und in diesem Verstande verlangt man, daß in einem Schauspiele nur Eine Handlung seyn soll. 4. In der weitesten Bedeutung, eine jede aus einer Vorstellung herrührende eigene Veränderung, die Anwendung seiner Kraft; wo es ein sehr allgemeiner Ausdruck ist, der in den neuern Zeiten vorzüglich üblich geworden. Äußere Handlungen, solche Bewegungen des Leibes. Innere Handlungen, Gedanken der Seele. Freye Handlungen, welche aus freyer Wahl geschehen. Eine gute, eine böse Handlung. In noch weiterer Bedeutung haben einige alle leidentliche Veränderungen mit unter dem Nahmen der Handlungen begreifen wollen. Allein, dadurch wird das Bild, welches in diesem Worte lieget, zu sehr aus den Augen gesetzet und verunstaltet; indem Handel so wohl Thätigkeit als Vorsatz mit einschließet. Allenfalls ließen sich noch die ohne unser Bewußtseyn und Vorsatz erfolgenden eigenen Veränderungen, z.B. die Verdauung, hierher rechnen, und mit dem Nahmen der natürlichen Handlungen belegen, weil sie wirklich thätig sind, obgleich der Antheil, den unsere Seele daran nimmt, uns noch unbekannt ist.
Anm. In der zweyten, dritten und vierten Bedeutung des Zeitwortes wird es im Hochdeutschen nur in den Zusammensetzungen Unterhandlung, Behandlung, Abhandlung, Verhandlung, Friedenshandlung u.s.f. gebraucht.
Ob si mih eine gerne siht
Was bedarf ich gueter handelunge me,
d.i. guter Begegnung, Behandlung, Reinmar der Alte. In der ersten Bedeutung gebraucht man es zwar auch in eben denjenigen Zusammensetzungen, welche man auch mit Handel macht; Handlungsbedienter, Handlungsbuch, Handlungsrecht u.s.f. indessen sind sie doch im täglichen Umgange mit dem erstern Worte häufiger.
http://www.zeno.org/Adelung-1793. 1793–1801.