- Lahm
Lahm, -er, -ste, adj. et adv. ein Wort, welches überhaupt zwey einander entgegen gesetzte Fehler in der Beweglichkeit ausdruckt. 1) Den Fehler der allzu großen Beweglichkeit, beweglicher, als es der Absicht, dem Gebrauche des Dinges gemäß ist. In diesem Verstande sagt man von Einlegemessern, Scheren, Zirkeln, und andern mit Gewinden und Gelenken versehenen künstlichen Dingen, daß sie lahm sind, wenn sie in ihren Gewinden oder Gelenken allzu beweglich sind. 2) Den Fehler der allzu schwachen Beweglichkeit, oder des völligen Mangels derselben, besonders von den Gliedern und Gelenken der thierischen und menschlichen Körper. Ein Glied ist lahm, wenn es der gehörigen freywilligen Bewegung ganz oder doch zum Theile beraubt ist. Eine lahme Hand, einen lahmen Fuß haben. Lahm gehen hinken. Hüftenlahm, lendenlahm, eine lahme Hüfte oder Lende habend. An Einem Fuße, an Einer Hand, an allen Gliedern lahm seyn. In engerer Bedeutung, am Fuße lahm. Ein Lahmer, ein Hinkender. Auch figürlich, der gehörigen Kraft, Wahrheit und Gründlichkeit beraubt. Eine lahme Entschuldigung, ein lahmer Beweis. Ein lahmer, kraftloser, Gedanke. Ein lahmer Einfall.
Anm. Im Tatian, wo es für paralyticus und Luthers gichtbrüchig gebraucht wird, lam, im Nieders. lam, im Engl. lame, im Angels. laem, lam, im Schwed. lam, im Isländ. lamr, im Pohln. lamac, im Slavon. lomiti. Es scheinet, daß es ehedem überhaupt einen jeden Fehler eines Dinges bedeutet habe. Der sprache bilemit, ist bey dem Ottfried stumm. Notker gebraucht lam für dumm, fühllos, im Angelsächs. ist laempihalt plump, und im Theuerdanke Leme eine Wunde. In Ansehung der allzu großen Beweglichkeit, sind Lumpen, das provinzielle lumlen, schlaff seyn, damit verwandt. Auf der andern Seite bedeutet Lem im Dänischen, Lim und Leome im Angels. und Limb im Engl. ein Glied, wo die Beweglichkeit gleichfalls der Grund der Benennung zu seyn scheinet.
http://www.zeno.org/Adelung-1793. 1793–1801.