- Lauschen
Lauschen, verb. reg. neutr. mit den Hülfswörtern haben und seyn. 1) Horchen, in der vertraulichen so wohl als edlen Schreibart, und mit dem Hülfsworte haben. An der Thür stehen und lauschen.
Der Enkel hab ein lauschend Ohr
Und steh und gaff uns an,
Gleim.
Das Volk der Luft
Lauscht auf ihr Lied, versteckt in dunkles Laub;
Die kleine Lalage lauscht auch darauf,
Kleist nach Hrn. Stosch Anführung. 2) Im Verborgenen auf etwas warten, etwas im Verborgenen zu erblicken, zu erhaschen suchen, auch im guten, wenigstens gleichgültigen Verstande, so wie lauern gemeiniglich im nachtheiligen gebraucht wird; gleichfalls mit dem Hülfsworte haben.
Dort hätte sie gelauscht, hier hätt ich lauschen wollen,
Gell.
Da lauschen furchtsame Nymphen
Nur halb durchs junge Gesträuche bedeckt,
Uz.
S. auch Belauschen. 3) Sich im Staube der Unthätigkeit, so wohl dem Leibe als dem Gemüthe nach befinden, einen geringern Grad des Schlummers zu bezeichnen; auch mit dem Hülfsworte haben. Im Bette lauschen, im Bette liegen und der stillen Ruhe pflegen ohne zu schlummern.
Mir scheint kein Großer gleich,
Wenn ich entzückt in deinen Armen lausche,
Haged.
In dieser Bedeutung ist es auch in den gemeinen Mundarten nicht unbekannt. 4) Sich in der Stille, im Verborgenen nähern, schleichen; in der vertraulichen Sprechart, und mit dem Hülfsworte seyn. Einzeln sind wir durch verschiedene Thore einher gelauscht, Weiße.
Anm. In der ersten und zweyten Bedeutung bey den Schwäbischen Dichtern luzen, in der Schweiz loßen, im Nieders. lustern, im Hannöv. glustern, in den gemeinen Mundarten Oberdeutschlandes laustern. Ein Laustrer an der Wand hört seine eigne Schand. Es gehöret in diesen beyden ersten Bedeutungen zu dem noch im Oberdeutschen üblichen losen, hören, von welchem es, so wie laustern, das Intensivum zu seyn scheinet, Engl. to listen, bey dem Ulphilas hlausjan, Griech. κλυσαι, Wend. klauszyti, im Schwed. lyda. Loset sines uuortes, er höret sein Wort, Ottfr.
Losa, losa, wie die vogel singent
Das in oren sanfte tuot,
Graf Conrad von Kirchberg.
Im Angels. bedeutet daher Hlyst, im Wallis. Clust, und in der Rothwälschen Diebessprache Leisling, das Ohr. Bey den Oberdeutschen Jägern ist verlusen so viel als verhören, d.i. genau auf etwas hören und merken, lauschen. S. Laut, Losung, Lesen. In den zwey letzten Bedeutungen stammet es zunächst von dem noch bey dem Hornegk befindlichen Lauß, ein verborgener Ort, ab, daher auch laußen bey ihm, so wie loschen bey dem Notker, verborgen seyn bedeutet. Luzzenter ist in Boxhorns Glossen verborgen. S. 2. Lausen, Leise, Lase, Klause u.s.f. Beyde Hauptbedeutungen lassen sich indessen sehr gut mit einander vereinigen und aus einander herleiten.
http://www.zeno.org/Adelung-1793. 1793–1801.