Mutter (4), die

Mutter (4), die

4. Die Mutter, plur. die Mütter, Diminut. das Mütterchen, Oberd. Mütterlein, ein Wesen weiblichen Geschlechtes, welches ein anderes zur Welt gebieret, oder geboren hat; zum Unterschiede von dem Vater, und im Gegensatze des Kindes. 1. Eigentlich. 1) Absolute. Mutter werden, ein Kind gebären.


Was gehet der die Mutter an,

Die selber Mutter werden kann?

Less.


Eine Person zur Mutter machen, für das härtere und niedrigere schwängern. Sie ist Mutter von vier Kindern, hat vier Kinder geboren. 2) In engerer Bedeutung, in Beziehung auf das Kind, oder bey Thieren auf das Junge. Sie ist nicht Mutter von dem Kinde. Wie die Mutter, so die Tochter. Die Mütter haben gemeiniglich mehr Nachsicht gegen ihre Kinder, als die Väter. Mutterstelle bey jemanden vertreten. Sieben Tage laß es (das Schaf) bey seiner Mutter seyn, 2 Mos. 22, 30. Du sollst nicht die Mutter mit den Jungen nehmen, von Vögeln, 5 Mos. 22, 6. Und so auch von allen Thieren. Von dem Gebrauche des Wortes Mutter, so fern Kinder ihre Mütter damit anreden, S. Mamma. 2. Figürlich. 1) Eine bejahrte Person weiblichen Geschlechtes pflegt man im gemeinen Leben häufig Mutter anzureden, so wie man eine solche hoch bejahrte Person in der vertraulichen Sprechart ein altes Mütterchen zu nennen pflegt. 2) Ein zur Zucht bestimmtes Hausthier weiblichen Geschlechtes, und in weiterer Bedeutung zuweilen auch ein solches Thier weiblichen Geschlechtes überhaupt; doch nur in einigen Zusammensetzungen. Das Mutterpferd, eine Stute, das Mutterschwein, eine Zuchtsau, und in weiterm Verstande eine Sau, das Mutterschaf, ein Schaf weiblichen Geschlechtes, welches schon tragbar ist, oder getragen hat, das Mutterfüllen, ein weibliches Füllen, die Mutterbiene, der Mutterhase u.s.f. 3) Eine Person weiblichen Geschlechtes, welche die Stelle einer Mutter bey andern vertritt, mütterliches Ansehen hat. So wie man Landesherren und Regenten Väter des Landes, oder des Volkes nennet, so werden ihre Gemahlinnen auch Mütter desselben genannt, S. Landesmutter. Eine Äbtissinn bekommt nicht nur von den ihr untergebenen Nonnen, sondern auch wohl von andern oft den Titel hochwürdige Mutter. Eine Pathe heißt in Schwaben in Beziehung des von ihr aus der Taufe gehobenen Kindes Mutter, dagegen die wahre Mutter daselbst Toda genannt wird. Ferner gehören hierher die Zusammensetzungen Hausmutter, Pflegemutter, Kindermutter, für Hebamme, Wehmutter, Stiefmutter, Schwiegermutter, Waisenmutter u.s.f. Ja auf den Landgütern pflegt man oft auch eine bejahrte weibliche Person, welche das Vieh unter ihrer Aufsicht hat, die Viehmutter oder Viehmuhme zu nennen. 4) Ein Ding, eine Sache, welche den Grund des Daseyns und der Fortdauer eines andern enthält, wenn ersteres weiblichen Geschlechtes ist. Die Gottesfurcht ist die Mutter aller Tugenden. Die Erde ist unser aller Mutter. S. auch Muttermaß. 5) Im Bergbaue werden diejenigen unmetallischen Erd- oder Steinarten, in welchen die Erze eingehüllet sind, Mütter oder Metallmütter genannt, ob sie gleich nicht die wirkende Ursache, sondern nur die Lagerstätte des Erzes sind. Der Schiefer gibt eine bequeme Mutter für Kupfer und Silber, nicht aber für Zinn ab. Jedes Metall liebt vorzüglich seine eigene Mutter, bricht in einer ihm eigenen Erd- oder Steinart. Die Perlenmutter ist die Schale der Perlenmuschel, vielleicht weil man ehedem glaubte, daß sich die Perle aus ihr erzeugte. S. auch Muttererde.

Anm. In der Fränkischen Mundart schon im 8ten Jahrhunderte Muader, bey dem Willeram und Ottfried Muater, Muoter, im Angels. Meder und Mothor, im Nieders. Moder, Moer, Moor, im Engl. Mother, im Dän. und Schwed. Moder, im Griech. μƞτƞρ, im Lat. Mater, im Ital. Madre, im Franz. Mere, und selbst im Pers. Mader. Die Sylbe -er ist die Ableitungssylbe, welche ein Subject bezeichnet; das Stammwort heißt Mat, Mot, Mut. Bey den alten Ägyptiern hieß die Mutter, dem Plutarch zu Folge, nur Muth, und bey den Krainerischen Wenden heißt sie noch jetzt Mate. Allem Ansehen nach ist dieses Mat von den Stammsylben in den Wörtern Mamma, Muhme, Mähre, Mosche, Metze und andern, welche insgesammt ein weibliches Geschöpf bedeuten, nicht verschieden. Allein ihre eigentliche Bedeutung läßt sich kaum muthmaßlich angeben. Vielleicht gehöret sie zu Mag, Verwandtschaft, vielleicht zu dem alten Mat, Speise, so wie Vater gemeiniglich von föden, ernähren, abgeleitet wird, vielleicht ist sie auch die Sylbe Ma, das erste Lallen der Natur bey unmündigen Kindern, u.s.f. denn dergleichen Vielleicht ließen sich noch gar viele wagen. S. Amme, Mamma, Mämme, Muhme. In den gemeinen Sprecharten wird dieses Wort zuweilen zur Verstärkung anderer Wörter gebraucht, S. Mutterallein, Mutterkind, Muttermensch, Mutternackt, Mutterseele. Wo freylich bey einigen die Veranlassung und Figur ein wenig hart, wenigstens dunkel ist.


http://www.zeno.org/Adelung-1793. 1793–1801.

Игры ⚽ Нужен реферат?

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Mutter (3), die — 3. Die Mutter, plur. die Mütter, Diminut. das Mütterchen, Oberd. Mütterlein, ein Wort, welches überhaupt den Begriff des hohlen Raumes hat, besonders so fern derselbe zur Aufnahme eines andern dazu gehörigen Theiles bestimmt ist. 1) Überhaupt; wo …   Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart

  • Mutter-Essenz, die — Die Mutter Essênz, plur. doch nur von mehrern Arten, die en, eine Arzeney wider die Mutterbeschwerden in Gestalt einer Essenz …   Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart

  • Mutter (2), die — 2. Die Mutter, plur. inus. der dicke Bodensatz flüssiger Körper, besonders des Weines und des Essiges. Den Wein auf der Mutter liegen lassen, auf den Hefen, auf dem Lager. Im Engl. Mother, im Schwed. Modder, im Nieders. Moder. Es hat mit den… …   Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart

  • Mutter — mit Kindern: Le Repos, von William Adolphe Bouguereau (1879) Eine Mutter ist der weibliche Elternteil eines Kindes. Als Mutter bezeichnete man allgemein die Frau, die ein Kind gebiert bzw. geboren hat. Inzwi …   Deutsch Wikipedia

  • Mutter- und Koselieder — Die Mutter und Koselieder sind das letzte große Werk von Friedrich Fröbel, dem Begründer (eigentlich Stifter) des Kindergartens. Es wendet sich durch Dichtung, Bilder, Erklärungen und Melodien an die einzelnen Familienmitglieder (vor allem Mutter …   Deutsch Wikipedia

  • Mutter Courage — und ihre Kinder ist ein Drama, das 1938/39 von Bertolt Brecht verfasst und 1941 in Zürich uraufgeführt wurde. Es spielt im Dreißigjährigen Krieg zwischen 1624 und 1636. Inhaltsverzeichnis 1 Inhalt 2 Entstehung des Stücks 3 Absicht des Autors …   Deutsch Wikipedia

  • Mutter Teresa — (1986) …   Deutsch Wikipedia

  • Die Mittagsfrau — (2007) ist der bisher erfolgreichste Roman der deutschen Schriftstellerin Julia Franck (* 1970). Er erzählt die Lebensgeschichte von Helene Würsich: ihre Kindheit Anfang des 20. Jahrhunderts in Bautzen, die mit der älteren Schwester erlebten… …   Deutsch Wikipedia

  • Mutter Gottes — Die Sixtinische Madonna von Raffael aus dem Jahr 1512/1513, eine der bekanntesten Mariendarstellungen …   Deutsch Wikipedia

  • Mutter Jesu — Die Sixtinische Madonna von Raffael aus dem Jahr 1512/1513, eine der bekanntesten Mariendarstellungen …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”