Rennen

Rennen

Rênnen, verb. irreg. Imperf. ich rannte; Mittelw. gerannt; Imperat. renne. Es ist in doppelter Gestalt üblich.

1. Als ein Neutrum, mit dem Hülfsworte seyn. 1) * Sich schnell bewegen, besonders sich schnell um seine Achse bewegen; eine im Hochdeutschen veraltete Bedeutung, welche noch in einigen Zusammensetzungen übrig ist, S. Rennberg, Rennspindel u.s.f. Die Welle an einem Haspel wird um deßwillen noch an einigen Orten der Rennbaum genannt, S. die Anm. 2) In engerer und gewöhnlicherer Bedeutung, sich vermittelst der Füße sehr schnell fortbewegen, wo es von der äußersten Geschwindigkeit der Menschen und Thiere gebraucht wird, und daher mehr sagt, als laufen. Er rennt, als wenn ihm der Kopf brennte, im gemeinen Leben. Gerannt kommen, so wie man auch sagt, gegangen, gelaufen, gesprungen, getanzet kommen. Auf jemanden zurennen. Nach etwas rennen. Zum Haufe hinaus rennen. Mit dem Kopfe wider die Wand rennen. Ingleichen mit größter Geschwindigkeit reiten oder fahren. Nach dem Ziele rennen, es geschehe nun zu Fuße, zu Pferde, oder auch zu Wagen. Ein Reuter rennete (rannte) auf ihn zu, 2 Macc. 12, 35. Sie sind gestaltet wie Rosse, und rennen wie Reuter, Joel. 2, 4. Aber mit dem Wagen, mit dem Pferde rennen, wie es in der Deutschen Bibel mehrmahls heißt, kommt es im Hochdeutschen wenig mehr vor. In der höhern Schreibart auch wohl in Gestalt eines Activi mit der vierten Endung.


Wiehernd steigen die Pferde der Sonne mit dampfenden Nasen

Aus den Fluthen herauf, die feurige Laufbahn zu rennen,

Zachar.


Ingleichen figürlich. Nach etwas rennen, sich mit vieler Geschäftigkeit um etwas bewerben. In sein Verderben, in das Unglück rennen, ohne Überlegung demselben entgegen eilen.

2. Als ein Activum. 1) In der vorigen engern Bedeutung, mit thätigen Nebenbegriffen. Jemanden zu Boden rennen. 2) In weiterer Bedeutung, schnell bewegend machen, von verschiedenen Arten der heftig schnellen Bewegung. a) Jemanden den Degen durch den Leib, das Messer in den Bauch rennen, für stoßen. Auch das ehemahlige Turnieren mit Lanzen wurde Rennen genannt, entweder so fern man in demselben zu Pferde auf einander rannte, oder auch von diesem rennen, stechen. b) Als das Activum von rinnen; doch nur noch in einigen Fällen des gemeinen Lebens. Der Wein wird von den Weinfälschern gerennet und geschmeret, mit Wasser vermischt, gewässert, wie es Frisch erkläret. In dem Hüttenbaue wird das Eisen gerennet, d.i. geschmelzet, welches auf dem Rennherde geschiehet; wenn es hier nicht vielmehr von rein abstammet und für reinigen stehet. Siehe Renneisen.

Daher das Rennen.

Anm. In dem alten Gedichte auf den heil. Anno rennin, im Nieders. ronnen, rönnen, welches aber auch rinnen bedeutet, im Schwed. ränna, im Angels. mit versetztem r aernan, yrnan, wo aber doch Rin der Lauf, und Renner ein Läufer ist. Das verdoppelte n zeiget schon, daß dieses Zeitwort ein Intensivum ist, dessen Stammwort renen oder reinen noch nicht veraltet ist. Die Jäger sagen noch jetzt von dem Fuchse, daß er reine, wenn er trabt, und bey dem Ottfried ist rinan kommen. Das Engl. to run, laufen, hat dieses einfachere Wort auch noch, und in Baiern ist rundi schnell. Es bedeutet ursprünglich eine schnelle Bewegung nach allen Richtungen, und ist daher mit dem alten rainen, berühren, (S. Rain,) reinen für scheuern, polieren, reinigen, ringen, Ranke, rund u.s.f. genau verwandt. Da es hier wiederum auf eine Onomatopöie ankommt, einerley Laut aber verschiedenen Dingen gemein seyn kann, so gehöret auch Ottfrieds veraltetes rennan, erzählen, antworten, hierher, (S. Raunen,) so wie brennen und trennen vermittelst verschiedener Vorlaute von diesem Worte gebildet worden. Rennen und rinnen sind ursprünglich ein und eben dasselbe Wort, obgleich das letztere durch den Gebrauch bloß auf flüssige Körper eingeschränket worden. S. das letztere. Viele Hochdeutsche Schriftsteller, und unter andern auch Luther, wandeln es regelmäßig ab, ich rennete, gerennet; indessen ist die irreguläre Form im Hochdeutschen doch immer die gewöhnlichste. Gut wäre es, wenn der Gebrauch es verstattete, das Activum allein regelmäßig zu gebrauchen, da denn die irreguläre Form dem Neutro eigen bleiben könnte. In Heynatzens Briefen über die Deutsche Sprache Th. 4, S. 248 heißt es, in Sachsen spreche man das n in gerannt einfach, und dieses müsse den übrigen Deutschen zur Regel dienen. Allein man spricht es so wohl in Ober- als Niedersachsen doppelt, so wie die Etymologie es erfordert; sprächen die Meißner, (welche der Verfasser hier unter den Sachsen zu verstehen scheinet,) wie doch nicht geschiehet, wirklich gerahnt, wie einige Schlesische Gegenden thun, so wäre das ein Provinzial-Fehler, der nie zur Regel dienen könnte.


http://www.zeno.org/Adelung-1793. 1793–1801.

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