- Scherbe, die
Die Schêrbe, plur. die -n, Diminut. das Scherbchen, Oberd. Scherblein, ein Wort, in welchem ein doppelter Hauptbegriff Statt findet. 1) Der Theilung, des Bruches, wo es im weitesten Verstande eigentlich ein Stück eines Ganzen ist, welche Bedeutung das Schwed. Skärf noch hat, welches z.B. auch von den Stücken eines zerbrochenen Beines oder Knochens gebraucht wird. Im Deutschen ist es nur im engern Verstande gangbar von den Stücken eines zerbrochenen gläsernen, noch mehr aber irdenen oder steinernen Gefäßes. In Scherben zerfallen, zerbrechen. Sprichw. an den Scherben siehet man, was am Hafen oder Topfe gewesen ist. In der Deutschen Bibel lautet es beständig im männlichen Geschlechte der Scherbe, so wie es im Oberdeutschen in eben demselben Geschlechte der Scherben heißt; indessen ist im Hochdeutschen das weibliche Geschlecht das gangbarste. Es stammet von scheren ab, so fern es theilen überhaupt, und zerbrechen besonders bedeutet; indessen kann es seyn, daß in der heutigen engern Bedeutung der verwandte Begriff der Schärfe mit eintritt, indem dergleichen Bruchstücke gemeiniglich scharf sind. In einer alten Chronik bey dem Frisch heißt es: es habe Steine und Scherben gehagelt, ohne Zweifel scharfe Hagelstücke. Mit einem andern Endlaute heißt eine Scherbe im Nieders. Schaart, im Angels. Sccard, im Engl. Shard, gleichfalls von scheren, theilen. S. Scharte und Scharf. 2) Des hohlen Raumes, wo verschiedene Arten von hohlen Gefäßen hin und wieder unter dem Nahmen der Scherben bekannt sind. Die Seifenscherbe ist in einigen Gegenden ein kleines oft halb rundes Gefäß, die Handseife darin zu verwahren; vielleicht nur, so fern es oft ein Bruchstück eines zerbrochenen andern Gefäßes ist, welches auch von den Probierscherben gilt. Indessen ist in andern Fällen die Bedeutung eines Gefäßes erweislicher, aber alsdann ist es, selbst im Hochdeutschen, im männlichen Geschlechte am üblichsten, der Scherben, und in manchen Gegenden sagt man auch mit einem andern Endlaute der Scherbel oder Schirbel. Die Blumenscherbe, noch häufiger der Blumenscherbel, ein irdenes oder porzellänenes Gefäß, Blumen darin zu pflanzen, welches man sonst auch einen Asch, oder einen Topf zu nennen pflegt. Das Nachtgeschirr oder der Nachttopf ist im Oberdeutschen unter dem Nahmen des Nachtscherbens, oder auch nur des Scherbens schlechthin am bekanntesten. Daß sich diese Bedeutung des hohlen Raumes aus der eigentlichen Bedeutung des Zeitwortes scheren sehr füglich herleiten lasse, erhellet aus 1 Schar.
http://www.zeno.org/Adelung-1793. 1793–1801.