Vergleichen

Vergleichen

Vergleichen, verb. irregul. act. S. Gleichen, welches in einer doppelten Hauptbedeutung gebraucht wird.

1. Gleich, d.i. eben machen, ingleichen einem andern Dinge gleich machen; mit der vierten Endung der Sache.

(1) Eigentlich, in welchem Verstande es bey den Handwerkern und im gemeinen Leben noch in manchen Fällen üblich ist. Auf den Eisenhämmern werden die geschmiedeten Eisenstangen verglichen, wenn sie gerade gerichtet werden, wofür auch ausgleichen üblich ist. Bey steinernen Treppen werden die Staffeln gerundet und verglichen. Wenn der Goldschläger die Goldblätter in der zweyten Quetsche geschlagen hat, so vergleichet er sie, d.i. er sortieret sie nach der Schwere vermittelst der Form, damit zu einer Form nur lauter Blätter kommen, welche einerley Schwere haben, wo das Zeitwort aber auch zu der folgenden Hauptbedeutung gehören kann.

(2) (Figürlich). (a) Dem Werthe nach gleich machen, im gemeinen Leben. Wenn man eine Gefälligkeit von einem andern genossen hat, so hört man zuweilen sagen, ich will es schon wieder zu vergleichen suchen, besser, gleich zu machen. So auch einen Verlust vergleichen, besser, ersetzen. (b) Streitige Meinungen und Ansprüche gleich machen, d.i. auf einerley Ziel lenken. Man vergleicht zwey streitige Personen, wenn man sie bewegt, einerley zu wollen. So auch das Reciprocum sich vergleichen. Beyde streitende Parteyen hatten sich schon verglichen. Sie konnten sich wegen des Preises nicht vergleichen. Die Gläubiger haben sich mit dem Schuldner verglichen. Er will sich schlechterdings nicht vergleichen. Streitigkeiten vergleichen, beylegen, ob es gleich häufiger von Personen, als von Sachen, gebraucht wird. Im Nieders. verlikenen, Schwed. förlika. Das Hauptwort die Vergleichung kommt in dieser Bedeutung wohl nicht leicht vor, indem der Vergleich dafür üblicher ist.

2. Von gleich, ähnlich, ist vergleichen, (1) Die Gleichheit oder Ungleichheit, Ähnlichkeit oder Unähnlichkeit zwischen zwey oder mehrern Dingen zu entdecken suchen, sowohl überhaupt, als in einigen besondern Umständen. Eine Handschrift vergleichen, mit dem Gedrukten. Die Person und Sache, mit welcher eine andere verglichen wird, wird im Oberdeutschen häufig in der dritten Person ausgedruckt. Euer Gedächtniß wird vergleicht (verglichen) werden der Asche, Hiob 13, 12. Wem vergleicht ihr mich denn? Es. 46, 5. Wem soll ich dich vergleichen? Klagel. 2, 13. Wem wollen wir das Reich Gottes vergleichen, Marc. 4, 30. Im Hochdeutschen kommt diese Wortfügung nur noch zuweilen in der höhern Schreibart vor, indem dafür das Vorwort mit üblicher ist. Alexandern mit Cäsarn vergleichen. Zwey Dinge mit einander vergleichen. Kleine Dinge mit großen vergleichen. Wie soll ich deine Lebensart mit deinen Grundsätzen vergleichen? eine Übereinstimmung zwischen ihnen zu entdecken. So auch die Vergleichung. Eine Vergleichung anstellen. Die Vergleichung taugt nichts.

(2) Sich vergleichen, gleich, ähnlich seyn, eine nur noch in den niedrigen Sprecharten übliche Bedeutung.

Anm. Der Regel nach sollte dieses Zeitwort freylich regulär abgewandelt werden, um es als ein Activum von dem Neutro gleichen zu unterscheiden. Luther gebraucht das zusammen gesetzte vergleichen auch wirklich regulär, und das einfache Activum gleichen wird in manchen Gegenden und Fällen gleichfalls so gebraucht. Indessen ist die irreguläre Conjugation im Hochdeutschen einmahl völlig allgemein. S. Gleichen. In der zweyten Hauptbedeutung lautet dieses Wort bey dem Kero kelihhisen, und im Oberdeutschen noch bis in die spätesten Zeiten nur gleichen. Allein Keros Nachfolgern muß dieses Zeitwort unbekannt gewesen seyn, indem sie comparare, theils durch ebenen, wie Notker, theils durch ebenmazzen, wie Willeram, theils aber auch durch uuidarmezan, uuidermezzen, ausdrucken, wie Willeram und der alte Übersetzer Tatians. Auch bey dem Ruotpert aus dem 9ten Jahrhunderte in dem Goldast heißt die Vergleichung Widermezunga.


http://www.zeno.org/Adelung-1793. 1793–1801.

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