- Behagen
Behagen, verb. reg. act. eine gewisse dunkele und dabey schwache angenehme sinnliche Empfindung erwecken, welche mehr eine dunkele, lebhafte Zufriedenheit mit seinem gegenwärtigen Zustande, als ein Vergnügen oder Wohlgefallen ist. Es wird nur unpersönlich oder in der dritten Person, mit dem Dative der Person gebraucht.
Kein Trinken und kein Essen,
Ja nichts hat mir behagt,
Opitz.
Die ihm vor so sehr behagt,
Opitz.
Vermeint ihr blindes Volk, daß ihr Gott wohl behagt?
Opitz.
Dem alles auf der Welt ergehet nach Behagen,
Opitz.
Mir ist nicht unbewußt, daß ihr dein Schmerz behagt,
Canitz.
Was unserm Fleisch am heftigsten behagt,
Canitz.
Und weil die Wahrheit auch den Göttern selbst behagt,
Günth.
Und da den Osten schon ein Kranz von Rosen schmückt,
Wird jetzt die Morgenruh uns beyden wohl behagen,
Wiel.
So auch das Behagen, plur. car. diese dunkele angenehme Empfindung. Der Graf fand Behagen an diesem Besuche.
Anm. Behagen ist von je her mit dem Dativ verbunden worden. Das mir wol behagt, heißt es bey dem Stryker; das sie den wisen wol behage, bey Winsbecken, und das im wol behage, bey einem der Schwäd. Dichter. Das Stammwort ist das alte Hug, bey dem Ottfried Hugu, im Isländ. Hugga und Hag, im Schwed. Hog und Hug, welches nicht nur das Gemüth, die Seele und deren Wirkungen, sondern auch Anmuth, Vergnügen, bedeutet. Irhugen kommt daher bey dem Ottfried für erinnern, hugulusti, für Freude, und bihugan, bey eben demselben für bemerken vor. Hugian heißt bey dem Ulphilas denken, gehygan im Angelsächsischen sich erinnern, und noch jetzt gebrauchen die Holländer Heughe und Hoge für das Gemüth. Ehedem war auch das einfache hügen für behagen üblich.
Mir ist kommen ein hügender wan
Vnd ein wunneklicher trost,
Heinr. von Moringe.
Haage heißt daher noch im Dänischen belieben, sich hägen, im Niedersächsischen, sich an etwas vergnügen, und nach etwas hagen, sich darnach sehnen. So fern Hug und Haag die Seele, und deren Vermögen zu denken und sich zu erinnern bedeutete, kommt es mit dem Hebr. הגה , meditatus est, dem Gr. ƞγενμαι, und dem Latein. cogo, wofür nachmahls das Frequentativum cogito üblicher geworden, überein. Behagen ist in den gemeinen Sprecharten so wohl Ober- als Niederdeutschlandes noch völlig gangbar. Es druckt eigentlich diejenige sinnliche oder dunkele Zufriedenheit mit seinem gegenwärtigen Zustande aus, welche sich durch ein sanftes Lächeln verräth, und um dieses Nebenbegriffes der Dunkelheit oder Sinnlichkeit willen hat man es vermuthlich in der edlern Schreibart veralten lassen, bis es von einigen neuern Schriftstellern wieder hervor gezogen worden. Wenn es in der philosophischen Schreibart geschiehet, wo es nothwendig ist, einen Begriff zu bezeichnen, für welchen man sonst keinen guten Nahmen hat, so ist nichts dawider einzuwenden; allein in andern Fällen sollte man damit ein wenig sparsamer seyn, indem das Behagen in seiner wahren Bedeutung sinnlichen und uncultivirten Menschen angemessener ist, als aufgeklärten. Eben dieses gilt auch von dem folgenden Behaglich und Behaglichkeit.
http://www.zeno.org/Adelung-1793. 1793–1801.