Berathen

Berathen

Berathen, verb. irreg. act. (S. Rathen,) welches nach dem verschiedenen Gebrauche des Wortes Rath auch verschiedene Bedeutungen hat.

1. Mit dem nöthigen Geräthe versorgen, und zwar, 1) * in der weitesten Bedeutung, begaben, begiften. Ein Gotteshaus berathen, es mit den nöthigen Einkünften versorgen, in Strykers altem Gedichte auf Carln den Großen. Allein diese Bedeutung ist größten Theils veraltet; außer daß, Gott berathe dich! an einigen Orten noch eine gewöhnliche Formel ist, einen Bettler abzuweisen. 2) Ein Kind berathen, es mit der nöthigen Versorgung von sich lassen, es sey ein Sohn, oder eine Tochter, ausstatten, in der weitesten Bedeutung dieses Wortes. Berathe deine Tochter, Sprw. 7, 2. 3) In engerer Bedeutung, mit der nöthigen Gerade, oder Geräthschaft versehen, im Gegensatze der Aussteuer, besonders von Töchtern. In beyden Bedeutungen kommt dieses Wort so wohl in den Statuten mancher, besonders Niedersächsischer Gegenden, als auch in der rechtlichen Schreibart noch zuweilen vor. 4) Figürlich. a) * Bescheren. Wie der Wirth ist, so beräth Gott die Gäste, welche Redensart nebst dieser ganzen Bedeutung nur noch zuweilen im Oberdeutschen gehöret wird. b) * Helfen, mit Rath und That an die Hand gehen. Daß ich wohl berathe, die mich lieben, Sprichw. 8, 21. Das Got di sele wol beriet, in Strykers altem Gedichte bey dem Schilter.


Daß ich wohl berathen bin,

Gryph.


Auch diese Bedeutung gehöret im Hochdeutschen unter die veralteten.

2. Von Rath, consilium. 1) Sich berathen, rathschlagen. Die auf meine Seele halten, berathen sich mit einander, Ps. 71, 10.


Wohl berathen, gut gerathen, bringt dem Rathe Ehr und Huld;

Wohl berathen, mißgerathen, setzt den Rath doch außer Schuld,

Logau.


Als dieses Paar die Welt betrat,

Beriethen beyde sich, was bestens anzufangen,

Haged.


Diese Bedeutung kommt im Hochdeutschen nur noch im gemeinen Leben vor, seitdem berathschlagen üblicher geworden ist. 2) * Beschließen, einen Vorsatz fassen. Ich merke wohl, daß Gott sich berathen hat, dich zu verderben, 2 Chron 25. Auch dieser Gebrauch ist bey uns veraltet; indessen sagt doch noch einer der neuesten Schriftsteller: Fehler, die die Menschen berathen und unberathen an ihrer Gesundheit begehen, vorsetzlich und unvorsetzlich.

So auch die Berathung in allen obigen Bedeutungen. Das Niedersächsische beraden kommt in den Bedeutungen mit dem Hochdeutschen überein. Rada bedeutet im Schwedischen verheirathen, råda aber geben. S. Gerade und Rath.


http://www.zeno.org/Adelung-1793. 1793–1801.

Игры ⚽ Поможем решить контрольную работу

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Berathen — 1. Berathe langsam und vollziehe schnell. 2. Beräth man s, so verräth man s. 3. Wer sich nur mit sich selbst berathet, weinet allein. – Winckler, XVI, 72. 4. Wo man dich berath, so helf dir Gott. – Henisch, 281. Franck (I, 43b) hat: »Wa man dich… …   Deutsches Sprichwörter-Lexikon

  • Sachsen [3] — Sachsen (Gesch.). I. Sachsen Wittenberg unter den Askaniern als Herzöge u. Kurfürsten von S. 1180–1422. Bernhard von Askanien, welcher von seinem Vater Albrecht das Land um Wittenberg erhalten hatte u., nachdem ihm nach der Auflösung des… …   Pierer's Universal-Lexikon

  • Spanien [3] — Spanien (Gesch.). I. Vorgeschichtliche Zeit. Die Pyrenäische Halbinsel war den Griechen lange unbekannt; als man Kunde von dem Lande erhalten hatte, hieß der östliche Theil Iberia, der südöstliche od. südwestliche Theil jenseit der Säulen… …   Pierer's Universal-Lexikon

  • Preußen [2] — Preußen (Gesch.). Das eigentliche Königreich P. (Ost u. Westpreußen), wurde in der ältesten geschichtlichen Zeit, im 4. Jahrh. n.Chr., diesseits der Weichsel von den germanischen Gothonen, jenseit von den slawischen Venetä (Wenden) bewohnt; an… …   Pierer's Universal-Lexikon

  • Württemberg [2] — Württemberg (Gesch.). W. war in den ersten christlichen Jahrh. von Sueven bewohnt; diese wichen den Römern, welche dann das Land cultivirten, dasselbe aber nachher an die Alemannen verloren; nach der Niederlage der Alemannen durch die Franken bei …   Pierer's Universal-Lexikon

  • Schweiz [2] — Schweiz (Gesch.). Die ersten Bewohner der S. sollen celtischen Ursprungs gewesen u. von Nordost eingewandert sein. Sie waren in vier Stämme getheilt, wurden zusammen Helvetier genannt u. lebten in freier Verfassung. Nach ihnen hieß das Land… …   Pierer's Universal-Lexikon

  • Deutschland [4] — Deutschland (Gesch.). I. Älteste Geschichte bis zur Völkerwanderung. Die ersten historischen Nachrichten, die wir über germanische Völkerschaften besitzen, rühren von Cäsar her, später berichtet Plinius über dieselben. Beider Angaben sind aber… …   Pierer's Universal-Lexikon

  • Schleswig [2] — Schleswig (Gesch.). S. gehörte zur Zeit des Römischen Reiches zur Cimbrischen Halbinsel, u. Cimbern, von ihnen bes. die Chalen, bewohnten es wahrscheinlich bis zu ihrer Wanderung nach Süden. Nachher eroberten dänische Stämme, von Osten… …   Pierer's Universal-Lexikon

  • Waldeck [1] — Waldeck (Gesch.). Das Haus W. ist eins der ältesten Grafenhäuser Deutschlands, als sein Ahne wird angenommen Graf Hermann im Hwetigau zu Anfang des 11. Jahrh.; ein Nachkomme desselben war Graf Widekind, dessen Cöhne sich so in die Besitzungen… …   Pierer's Universal-Lexikon

  • Frankreich [3] — Frankreich (Gesch.). I. Vom Anfang der geschichtlichen Zeit bis zum Ende der römischen Herrschaft, 486 v. Chr. Die ersten Bewohner des heutigen F s waren Celten (s.d.), von den Römern Gallier genannt; nur einzelne Theile des Landes wurden zu der… …   Pierer's Universal-Lexikon

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”