- Daher
Dāher und Dahr, adv. demonstrativo-relativum, welches so wohl als ein Umstandswort, als auch als ein Bindewort gebraucht wird.
1. Als ein Umstandswort, und zwar des Ortes, bezeichnet es, 1) Eigentlich, eine Bewegung von einem vorher genannten Orte her. Ich komme nicht von Berlin, aber mein Bruder kömmt daher. Kommen sie aus Frankreich? wir kommen nicht daher. Wenn die Sacramente von Gott herstammen, so müssen ihre Diener ihren Ursprung auch daher haben. In dieser Bedeutung liegt der Ton auf der letzten Sylbe. In denjenigen Fällen aber, wo diese Partikel eine anzeigende Bedeutung hat, folglich zu Anfange eines Satzes stehet, z.B. dáher kann es nicht kommen, hat sie auch den Ton auf der ersten Sylbe.
2) In weiterer Bedeutung verschwindet die Beziehung auf einen vorher bestimmten Ort, und da bedeutet dieses Umstandswort so viel als herein, einher, oder auch nur her. In diesem Falle wird es in der höhern Schreibart sehr häufig mit verschiedenen Verbis gebraucht, die eine Bewegung bedeuten.
Mit beben. Wenn die klingende Lanze daher bebt, Klopst.
Mit brausen. Der Rache Donner braust schon über mich daher, Weiße.
Mit fahren. Er fähret daher wie ein Fürst. Die Wolken donnerten und die Strahlen fuhren daher, Ps. 77, 18. Er wird kommen und wie eine Fluth daher fahren, Dan. 11, 10. Der Abend fährt daher, Zachar.
Mit fliegen. Und er fuhr auf dem Cherub und flohe daher, 2 Sam. 22, 11. Er fleucht daher wie ein Adler, Jer. 48, 40.
Mit fließen. Eines weisen Mannes Lehre fleußt daher wie eine Fluth, Sir. 21, 16. Denn sein Segen fleußt daher wie ein Strom, Kap. 39, 27.
Mit gehen. Er gehet prächtig daher. Ich muß beraubt und bloß daher gehen, Mich. 1, 18. Und nicht so stolz daher gehen sollet, Kap. 2, 3.
Mit hauen, welches aber außer der Deutschen Bibel nicht vorkommt. Ach, wie glänzet es, und hauet daher zur Schlacht, das Schwert, Ezech. 21, 15.
Mit hüpfen. Hänschen hüpfte froh daher, Weiße.
Mit kommen. Und sahe, daß Kamehle daher kamen, 1 Mos. 24, 63. Du wirst herauf ziehen und daher kommen mit großem Ungestüme, Ezech. 39, 9.
Mit prangen. Sie prangete stolz daher.
Mit rauschen. Deine Fluthen rauschen daher, Ps. 42, 8. Drohende Berge von Wellen rauschten daher und schlugen die Seiten des seufzenden Schiffes, Dusch.
Mit schleichen. Gebeugt schleicht sie daher, Dusch.
Mit schwanken. Ein Betrunkener, der von einem Schmause daher schwanket, Dusch.
Mit schweben. Und ach wie schwebte das glühende Mädchen im himmlischen Tanze daher! Weiße.
Mit segeln. Durch die Fläche daher segeln.
Mit stürmen. Die kämpfenden Haufen stürmen im Gewitter daher, Dusch.
Mit taumeln.
Ein Trinker kam von ohngefähr,
Und taumelte den Weg daher, Less.
Mit treten. Wie stolz trat er daher? Er tritt daher wie eine Kröte im Mondscheine, mit einem lächerlichen Stolze.
Mit wachsen, welche Figur doch ein wenig hart ist. So wächst er, der Baum, daher, als wäre er gepflanzet, Hiob 14, 9.
Mit wallen.
Mit pestilenzischem Fittig
Wallet auf Nebeln die Seuche daher, Zach.
Mit ziehen. Da Nebucad Nezar daher zog, Egyptenland zu schlagen, Jer. 46, 13. Und werden weinend daher ziehen, und den Herren ihren Gott suchen, Kap. 50, 4.
Und so mit andern ähnlichen Verbis mehr, wo der Ton gleichfalls auf der letzten Sylbe liegt.
3) Figürlich, für daraus, die Beziehung auf eine Ursache, auf den Grund einer Erkenntniß u.s.f. zu bezeichnen. Dieß kommt daher, weil er so flüchtig ist. Ich vermuthe es daher, weil ich ihn so lange nicht gesehen habe. Daher läßt sich abnehmen, wie viel er muß verloren haben. Wenn die Partikel, wie in den jetzt angeführten Fällen, in dem Vordersatze oder zu Anfange des Kommas stehet, so ruhet der Ton auf da, weil sie alsdann mehr damonstrativ ist; steht sie aber im Nachsatze, nach einigen Worten, in welchem Falle sie alle Mahl mehr relativ ist, so hat ihn die letzte Sylbe. Er nahm dahér Gelegenheit von der Sache zu reden. Die Zufälle, die dahér entstehen. Opitz und andere Oberdeutsche gebrauchen dafür dannenher, dieses rühret dannenher.
4) Eine Zeit, doch nur in einigen gemeinen Redensarten, bis daher, bis auf diese Zeit. Der Himmel weiß, wie viele Thränen ich über die Schmerzen geweinet habe, die ich sie einige Zeit daher habe ausstehen sehen, seit einiger Zeit.
2. Als ein Bindewort, die Beziehung einer Wirkung auf die Ursache auszudeuten, die Wirkung mit ihrer Ursache zu verbinden. Er hat seine Schuldigkeit gethan, daher kann ich mich nicht über ihn beklagen, oder, ich kann mich daher nicht über ihn beklagen, oder auch, daher ich mich nicht über ihn beklagen kann. Er war abwesend, daher entstand denn der Verdacht u.s.f. Es ist nichts an der Sache, ängstigen sie sich daher nicht.
Dieses Bindewort hat den Ton jederzeit auf der letzten Sylbe. Opitz gebraucht dafür dannenher, dannher, die Schweizer danahen, deßnahen, Kero, Ottfried, Notker und andere ältere Schriftsteller bithiu, bidhiu, pidiu, eigentlich dabey, Willeram aber vane dannen. Dahero für daher ist eine veraltete Oberdeutsche Form.
http://www.zeno.org/Adelung-1793. 1793–1801.