Halten

Halten

Halten, verb. irreg. ich halte, du hältst, er hält, wir halten, u.s.f. Conj. ich halte, u.s.f. Imperf. ich hielt; Mittelw. gehalten; Imperat. halte oder halt. Es ist in doppelter Gattung üblich.

I. Als ein Activum.

1. Eigentlich, unmittelbar mit der Hand oder auf ähnliche Art ergreifen, und die Fortdauer des dadurch hervor gebrachten Zustandes bewerkstelligen.

1) Überhaupt. Jacob hielt die Fersen des Esau, 1 Mos. 25, 26; er hatte sie angefasset, und behielt sie in der Hand. Halt es fest. Etwas mit der Hand halten. Etwas in der Hand halten. Den Stock mit den Zähnen, ein glühendes Eisen mit der Zange halten. Einem etwas vor das Gesicht halten. Etwas gegen die Sonne halten. Ein Ding gegen das andere halten, so wohl eigentlich, als auch figürlich, ein Ding mit dem andern vergleichen. Den Spiegel an die Wand, das Wachs über das Feuer, ein Papier in das Licht halten u.s.f. Einem die Stange halten, figürlich, ihn vertheidigen, seine Partey nehmen; ein von den ehemahligen Thurnieren entlehntes Bild, S. Stange. So auch mit Nebenwörtern. Den Sack offen halten, seine Theile so halten, daß er offen stehe. Den Leithund kurz halten, bey den Jägern, das Hängeseil kurz fassen, damit der Hund nicht so vielen Willen habe, und dann auch figürlich, jemanden kurz halten, ihn einschränken. Derjenige Theil eines Körpers, woran man denselben hält, bekommt das Vorwort bey. Jemanden bey der Hand halten. Den Wolf bey den Ohren halten. Jemanden bey dem Mantel halten. Daher figürlich, jemanden bey seinem Worte halten, auf die Erfüllung des von ihm gethanen Versprechens dringen.

2) In engerer Bedeutung. (a) Ein Ding halten, damit es nicht falle. Er wäre gewiß gefallen, wenn ich ihn nicht gehalten hätte. Ingleichen als ein Reciprocum, mit dem Vorworte an. Sich an etwas halten, damit man nicht falle; ingleichen figürlich, sich an jemanden halten, sich auf ihn verlassen, die Erfüllung des gethanen Versprechens, ingleichen die Verbesserung seiner Umstände von ihm erwarten. Halten sie sich an mich, verlassen sie sich auf mich. Ich halte mich hier bloß an das Wahre und Natürliche, d.i. bleibe dabey stehen, nehme nur daher die nöthigen Bestimmungen, Beweisgründe u.s.f. (b) Ein Ding halten, damit es nicht entfliehe, seine Bewegung nicht fortsetze. Haltet den Dieb, haltet ihn auf. Das Pferd will sich nicht halten lassen. Jemanden bey dem Arme, ein Pferd bey dem Zügel, den Aal bey dem Schwanze halten. Woran hälts? im Oberdeutschen, d.i. woran liegts, was hält die Sache auf, was hindert ihren Fortgang? Daher figürlich, das läßt sich noch halten, das ist mittelmäßig. Ihre Schönheit, seine Gelehrsamkeit läßt sich wohl noch halten. Ingleichen mit dem Vorworte mit. Mit seinem Reichthume läßt es sich noch halten, d.i. er ist so groß nicht. Es läßt sich mit meinen Jahren noch wohl halten, Gell. ich bin so gar alt noch nicht.

2. In etwas weiterer Bedeutung, einen Körper durch unmittelbaren Einfluß, ohne Berührung mit der Hand oder auf ähnliche Art, in eine gewisse Richtung bringen, von den Theilen seines eigenen Leibes. Die Hand vor das Gesicht halten. Die Hände, die Arme in die Höhe halten.


Gott pfleget über den die treue Hand zu halten,

Dem Überlast und Unrecht wird gethan,

Opitz.


Den Kopf schief halten. Den Mund offen halten. Einem den Daumen auf das Auge halten, figürlich, ihn in seinen Schranken erhalten. Einem den Daumen halten, figürlich, ihm mit Rath und That beystehen, S. Daumen. Einem ein Bein halten, eigentlich, ihm das Bein vorhalten, damit er darüber falle, und dann figürlich, eines andern Unglück hinterlistiger Weise befördern.

3. Figürlich.

1) Die Bewegung eines Dinges hindern.

(a) Auf unmittelbare Art, durch Unterstützung des Schwerpunctes, Anheftung u.s.f. auch von leblosen Dingen; doch nur in einigen Fällen. Der Hals hält den Kopf, träget, unterstützet ihn. Der Baum hält die Wand, sonst würde sie fallen. Den Athem zurück halten, oder ihn an sich halten, ihn bey sich behalten, nicht von sich geben. Welche beyde R.A. auch in verschiedenen figürlichen Bedeutungen gebraucht werden. Mit etwas zurück halten, oder an sich halten, theils, verschwiegen damit thun, theils auch, es nicht so leicht von sich geben. Zurückhaltend seyn, verschwiegen, in Ansehung seiner Urtheile, Entschließungen und Geheimnisse. Wir müssen den Verstand gewöhnen, bey oder mit seinen Urtheilen an sich zu halten, Sonnenf. Wir müssen bey der ersten Empfindlichkeit über Unfälle an uns zu halten lernen, Gell. unsere Empfindung zu verbergen. Opitz übersetzt das, Vtere quaesitis parce quum sumptus abundat, des Cato, durch:

Halt an dich bist du reich und hast du was erworben. Der Verkäufer hält seine Waare an sich, wenn er sie nicht dem ersten und besten Käufer überläßt. Sich nicht mehr auf den Füßen halten können. Wohin vermuthlich auch die niedrige R.A. gehöret, das Maul halten, für schweigen. Ingleichen verschiedene andere Arten des Ausdruckes, wo halten zwar ein Activum ist, aber doch als ein Neutrum gebraucht wird. Die Thränen nicht halten können. Das Wasser nicht halten können, d.i. seinen Urin. Der Huth, die Stiefel halten Wasser, halten das Wasser ab, lassen es nicht durch. Das Faß hält, rinnet nicht.

(b) Durch äußere Zwangsmittel. Ein Pferd im Zaume, im Zügel halten, dessen Bewegungen vermittelst des Zaumes oder Zügels beherrschen. Jemanden im Zaume halten, ihn einschränken. Seine Begierden, seine Leidenschaften im Zaume halten. Jemanden gefangen, oder gefänglich halten. Einen muthwilligen Menschen in den gehörigen Schranken halten. Ich halte mich in meinen Gränzen.

(c) Durch moralische Bewegungsgründe. Er wollte sich nicht länger halten lassen, d.i. aufhalten. Wenn sie gehen wollen, so will ich sie nicht halten. Ich weiß, daß dich Geschäfte halten, Gell.

(d) Nach einer noch weitern Figur auch als ein Reciprocum, den Ausbruch einer Gemüthsbewegung, einer Leidenschaft hindern. Sie konnte sich hier nicht länger halten, denn das Feuer stieg ihr in den Augen. Ich konnte mich vor Freuden nicht länger halten. Seinen Zorn, seine Thränen, seine Freude zurück halten. S. Enthalten.

2) Den Zustand, die Veränderungen eines Dinges bestimmen; größten Theils nur in verschiedenen einmahl eingeführten Fällen.

(a) Überhaupt. Einem Dinge das Gleichgewicht, oder die Wage halten, machen, daß es im Gleichgewichte stehe, und dann auch figürlich, von dem sittlichen Werthe, von der moralischen Kraft. Meine Gründe halten den deinigen das Gleichgewicht. Etwas heimlich, oder geheim halten, es wissentlich und vorsetzlich verbergen oder verschweigen. Etwas vor jemanden heimlich halten, hindern, daß er es nicht erfahre. Sich heimlich halten, sich verbergen. Die Kreuzzüge hielten Europa viele Jahre lang in einer beständigen Gährung. Vermuthlich gehören dahin auch folgende figürliche Arten des Ausdruckes. Jemanden frey halten, für ihn bezahlen. Jemanden schadlos halten, ihm seinen Schaden ersetzen. Die Freundschaft, so vortrefflich sie ist, hält uns doch nie wegen der Liebe schadlos, Gell.

(b) In engerer Bedeutung, besonders in folgenden Fällen.

(α) Durch äußern Zwang. Jemanden unter dem Drucke halten. Einen jungen Menschen in scharfer Zucht halten. Ein Kind unter der Zucht, unter der Ruthe halten. Seine Kinder zur Schule halten. Jemanden zu allem Guten, zum Studieren halten. S. Anhalten. Daher das Mittelwort mit dem Hülfsworte seyn auch für verpflichtet seyn gebraucht wird. Der Verkäufer ist in diesem Falle das Geld wieder zu geben gehalten, d.i. verpflichtet und schuldig. Gott ist seiner eigenen Vollkommenheiten wegen zur Erhaltung seiner Geschöpfe gehalten.

(β) In Ansehung der äußern Umstände eines Dinges. Das Geschirr rein und sauber halten. Ein Gebäude in gutem Stande halten. Das Seinige zu Rathe halten, sparsam damit umgehen. Buch oder Rechnung halten, die Rechnung führen, S. Buchhalter. Ein Tagebuch, ein Journal über etwas halten. Etwas rar halten. Etwas bereit, oder in Bereitschaft halten, machen, daß es bereit sey und in diesem Zustande verbleibe. Sich zur Reise fertig halten. Sich zur Flucht, zur Reise, zu etwas gefaßt halten. Sich auf alle Fälle gefaßt halten.

(γ) In Ansehung der Begegnung. Jemanden gut halten, ihn nicht nur gut speisen und kleiden, sondern ihm auch gut begegnen. Das Gesinde wird in diesem Hause sehr schlecht gehalten. Jemanden wie sein Kind halten. Er wird wie ein Hund gehalten. Jemanden lieb und werth halten, nicht bloß von der innern Achtung, sondern auch von deren Erweisung. Jemanden warm halten, ihm scharf zusetzen, Hindernisse zu überwinden geben.

(δ) In Ansehung seines eigenen Betragens bey Hindernissen, als ein Reciprocum. Sich gut halten, seine Verbindlichkeiten aller Art gehörig erfüllen. Sich hart halten, sich so betragen, als ob man hart wäre. Die Soldaten haben sich gut gehalten. In engerer Bedeutung heißt sich halten, sich mit gutem Fortgange vertheidigen. Die Besatzung hält sich. Diese Festung wird sich nicht lange halten. Die Stadt hat sich kaum drey Tage gehalten. S. Haltbar.

(ε) Nach einer noch weitern Figur wird dieses Reciprocum auch von unvernünftigen und leblosen Dingen gebraucht, und da bedeutet es, in einem guten brauchbaren Zustande verharren. Das Vieh hält sich gut. Das Fleisch hält sich im Winter am besten, wird nicht leicht riechend. Dieses Obst hält sich nicht, bleibt nicht lange eßbar.

(ζ) In der Mahlerey wird das Zeitwort halten, nach dem Muster des Französ. tenir, von der Art und Weise gebraucht, wie der Künstler die Gegenstände bearbeitet, besonders in Ansehung des Lichtes und des Schattens, der Stärke und Schwäche des Ausdruckes. Die Lichter groß und nicht nahe an einander halten. Die entfernten Gegenstände müssen sanft und leicht an Farbe gehalten werden.

3) Die Fortdauer einer Sache so wohl als ihr äußeres Verhältniß durch Reichung der Nahrungsmittel, Bezahlung des Lohnes, Tragung der Kosten bestimmen; für unterhalten. Den ganzen Tag Feuer auf dem Herde halten. Offene Tafel halten. Besonders in Beziehung auf das dadurch bewirkte Verhältniß. Pferde, Hunde, Bediente, Gesinde halten. Einem Kinde eine Amme halten. Seinen Kindern einen Lehrer halten. Viel Vieh halten. Vier Pferde auf der Streu halten. Haus halten, Hof halten, S. Haushaltung, Hofhaltung. Figürlich auch die Fortdauer einer Sache durch Beobachtung der Obliegenheiten bewirken, doch nur in den R.A. Freundschaft, Umgang mit jemanden halten. Gute Nachbarschaft halten.

4) Eine Sache in Ansehung der äußern Umstände, oder durch Veranstaltung der äußern Umstände zur Wirklichkeit bringen, gleichfalls nur in einigen bereits eingeführten Fällen. Eine Gasterey halten, ausrichten. Hochzeit halten, d.i. machen, feyern. Einem die Hochzeit halten, sie ausrichten, die Kosten dazu hergeben. Gericht halten. Einen Landtag, einen Reichstag halten. Eine Versammlung halten. Mit jemanden Rath halten, mit ihm rathschlagen. Ein Gespräch mit jemanden halten. Eine Musterung halten. Eine Auction halten. Das Abendmahl halten. Eine Rede, eine Predigt halten. Schule, ein Collegium halten. Nachfrage, Umfrage halten. Wo der Begriff der Feyerlichkeit oft verschwindet, und die bloße eigene Thätigkeit übrig bleibet, wie in den R.A. Mittagsruhe halten, nach Tische schlafen, Tafel halten, speisen, von großen Herren.

5) Eine Verbindlichkeit erfüllen; eine sehr alte und fast in allen Sprachen befindliche Figur, welche, wenigstens in einigen Fällen, von dem Handschlage entlehnet seyn kann, womit man ein Versprechen zu bestätigen pflegt. Sein Wort, sein Versprechen, seine Zusage halten. Seinen Eid halten. Treu und Glauben halten. Den Kauf nicht halten wollen. Einen Accord, einen Vergleich halten. Halte, was du mir versprochen hast. Viel versprechen und wenig halten.

6) In noch weiterer Bedeutung, beobachten, sich einer Sache gemäß betragen, sie zur Vorschrift seines Verhaltens annehmen. Die Gebothe Gottes halten, auf eine dauerhafte Weise Gehorsam dagegen üben. Das Gesetz halten. Einen Festtag, einen Fasttag halten, nicht so wohl ihn veranstalten, welches zur vorigen vierten Bedeutung gehöret, als vielmehr denselben auf die vorgeschriebene Art feyern. Frieden halten, sich friedlich betragen. Den Tact halten, beobachten. Den rechten oder schiefen Curs halten, beobachten, bey den Schiffern. Maße halten. Gute Ordnung, gute Diät halten. Die rechte Bahn halten, Opitz. Ich halte meine Ordnung und gehe. Das Stillschweigen halten. Reinen Mund halten, figürlich, ein anvertrautes Geheimniß verschweigen. Wache halten. Ich pflege es so zu halten, ich habe es immer so gehalten, habe mich dabey so betragen. Du kannst es halten wie du willst. So will ich es gehalten haben. Die biblischen Ausdrücke, die Wege des Herren, die Rechte, die Sitten, Recht und Gerechtigkeit halten, sind im Hochdeutschen ungewöhnlich. Mit den Vorwörtern auf und über auch als ein Factitivum, die Beobachtung einer Sache bewerkstelligen, Sorge tragen, daß sie beobachtet werde. Fest über einen Befehl halten. Auf Ordnung halten. Die Indianer halten steif und fest über ihre alten Gebräuche.

7) Ein Urtheil über den Werth oder die Vollkommenheit eines Dinges bey sich fällen, es schätzen, mit verschiedenen Nebenwörtern. So wohl von dem physischen Werthe. Wie hoch halten sie diesen Ring? wie viel wollen sie dafür haben? Eine Waare theuer halten, sie theuer biethen. Auf seine Waare halten, sie theuer biethen, und dabey beharren. Als von dem moralischen Werthe. Eine Sache hoch halten, sie geringe halten. Jemanden lieb und werth halten, welche R.A. auch ein diesem Urtheile gemäßes Betragen mit einschließet. Ingleichen mit dem Vorworte auf. Viel auf jemanden halten, ihn hoch halten; im gemeinen Leben, große Stücke auf ihn halten. Wenig auf sich halten, sich selbst nicht hoch schätzen und dieses Urtheil thätig beweisen. Auf Träume halten. Ich halte viel auf ein billiges Lob, Gell. Sie hält gar nicht viel auf das Essen, ebend. Auf Ehre halten, welches zugleich die thätige Beweisung seines Urtheils mit einschließet, sich so betragen, daß jedermann erkenne, man schätze die Ehre hoch. In einigen Fällen auch mit dem Vorworte von. Ich halte nichts davon, halte es nicht für wahr, nicht für rathsam. Viel von jemanden halten, ihn hoch halten.

8) In noch weiterer Bedeutung, ein wahrscheinliches Urtheil von etwas fällen, nach wahrscheinlichen Gründen urtheilen. Am häufigsten mit dem Vorworte für. Ich halte ihn für einen ehrlichen Mann. Ich habe ihn immer für einen Betrieger gehalten. Halten sie mich nicht für kindisch. Andre gegen sich für nichts halten. Sich etwas für eine Ehre, für eine Schande halten. Etwas für Sünde halten. Alles für verloren halten. Ich halte das nicht für rathsam. Ich halte dafür, daß es nicht geschehen wird. S. Für. Zuweilen auch mit einigen andern Vorwörtern, und einigen Nebenwörtern. Einem etwas zu gute halten, es nicht übel auslegen, es ihm übersehen. Sie müssen es seinem Unverstande zu gute halten, S. Gut. Er hält sich dazu nicht zu vornehm. Halten sie mirs zu Gnaden, nehmen sie es nicht ungnädig. Sagen sie mir, was ich von ihm halten soll, was ich von ihm urtheilen soll. Sie mögen von mir halten, was sie wollen.


Hält sich der Herr Gemahl

An sein gegebnes Wort gebunden?

Wiel.


Allein absolute ist es wohl im Oberdeutschen, nicht aber im Hochdeutschen üblich. Die Sadducäer halten, es sey keine Auferstehung der Todten, Matth. 22, 23; d.i. halten dafür, glauben. So halten wir es nun, daß der Mensch gerecht werde u.s.f. Röm. 3, 23. Wir halten, daß, so einer für alle gestorben u.s.f. 2 Cor. 5, 14; wo es zugleich für behaupten stehet. Ich halt, du habst das erdicht, Theuerd. Hierher gehöret auch die Oberdeutsche Ausfüllungs-Partikel halt und im Baiern halter, welche eigentlich für halt ich, d.i. wie ich dafür halte, zu stehen scheinet, aber auch sehr oft als ein bloßes Flickwort und ohne Bedeutung gebraucht wird. Er wird heute halt nicht kommen. Er ist halt oder halter schon da gewesen. Es hat mich halt gedurstet. Wo es zuweilen für auch stehet. Si sint halt billich in dem fride, Schwabensp. Kap. 260. So bechert er halt sein veind zu dem frid, in einer Übersetzung der Sprichw. Sal. von 1400, Kap. 16, 7. Solt ich halt todt beleiben, Theuerd. Kap. 82. Die Thüringer und Franken brauchen statt dieser Partikel meech, meeg, d.i. meine ich, die Schweden månne, welches mit dem Griech. μων überein kommt. S. Meinen. Bey dem Ottfried, Notker, Tatian u.a. war halt ein Nebenwort, welches mehr, thiu halt, desto mehr, ingleichen dermahleinst, einmahl bedeutete; wir sulen halto irsterben, Notk.

9) Endlich wird auch das Reciprocum, sich halten, in einigen R.A. noch von verschiedenen Arten der eigenen Veränderungen gebraucht, welche gleichfalls Figuren der eigentlichen Bedeutung sind. Sich rechter Hand halten, rechter Hand bleiben. Ein anderes Mahl halte dich eher dazu, thue es eher. Sich zu jemanden halten, mit ihm umgehen, Rath und Verbesserung seiner Umstände von ihm erwarten. Das ist meine Freude, daß ich mich zu Gott halte, Ps. 73, 28. Ich halte mich zu denen, die dich fürchten, Ps. 119, 63. Ein jedes Thier hält sich zu seines Gleichen.

II. Als ein Neutrum, welches das Hülfswort haben erfordert.

1. Eigentlich, fest mit etwas verbunden seyn, so wohl mit einem Dinge außer sich, als auch in Ansehung seiner eigenen Theile. Der Nagel hält nicht, sondern biegt sich. Das Bret wird nicht halten, sondern brechen. Ein Bret hält, wenn es fest an einem andern Dinge befestiget ist. Das Eis hält nicht, bricht. Der Strick wird schon halten. Der Zeug hält nicht, ist nicht dauerhaft. Die Schminke will nicht halten, nicht kleben bleiben. Der Kalk hält, wenn er sitzen bleibt. Ingleichen in einem etwas mehr thätigen Verstande, der gleichsam den Übergang des Activi in das Neutrum ausmacht. Der Leim hält, wenn er nicht nur selbst haften bleibet, sondern auch die Theile, die er verbinden soll, gehörig verbindet. Die Farbe halten, behalten; ingleichen figürlich, nicht Farbe halten, in der Probe nicht echt, nicht treu befunden werden. Stich halten, eigentlich von den Zeugen, wenn sie im Nähen nicht ausreißen, und dann auch figürlich, die Soldaten hielten nicht Stich, rissen aus, liefen davon. Der Beweis hält nicht Stich, wird bey näherer Untersuchung nicht tüchtig befunden. Hier hält kein Zweifel Stich.

2. Figürlich.

1) Enthalten, dem innern Raume nach fassen können. Das Faß hält zwey Eimer. Diese Bouteille hält zwey Maß. Was hält dieser Brief in sich? Ein Buch, welches viel Gutes in sich hält. S. Enthalten und Inhalt. Ingleichen, als ein Ganzes, den Theilen nach in sich fassen. Der Center hält 110 Pfund, das Pfund 32 Loth, der Gulden 16 Groschen u.s.f.

2) Stehen bleiben, aufhören, sich zu bewegen, so wohl eigentlich als auch figürlich. Der Wagen hält stille. Halt Kutscher! Mit dem Wagen halten. Stille halten. Der Wagen, der Fuhrmann hielt mitten im Dorfe stille. Die Truppen halten mitten auf dem Marsche. Daher das besonders im Kriegeswesen übliche Hauptwort Halte, welches nur mit dem Zeitworte machen, und ohne Artikel gebraucht wird, Halte machen, stehen bleiben. Halt! das gewöhnliche Commando-Wort, wenn die Trupppen im Marsche stehen bleiben sollen.


Halt! sagte König Friederich,

Halt! da war es ein Tritt,

Gleim.


Inne halten zu lesen, oder mit Lesen, oder im Lesen. So auch im Schreiben, im Singen, oder mit Schreiben, mit Singen u.s.f. inne halten. S. Inne. Halten sie mit solchen Reden inne. Einem stille halten, im gemeinen Leben auch nur einem halten, stille vor ihm halten, ihm nicht entweichen, sich nicht bewegen. Er muß mir halten. Ingleichen mit einigen Hauptwörtern. Stand halten, stehen bleiben, ingleichen sich standhaft vertheidigen. Noch hat sie ziemlich Stand gehalten, Weiße, sie ist ziemlich standhaft geblieben. Aus Scham mußte ich Stand halten, mußte stehen bleiben. Festen Fuß halten, gleichfalls stehen bleiben, und figürlich, standhaft bleiben. Die Löwen halten Fuß, Opitz. Das Feld halten, im Felde bleiben, im Kriegeswesen. Der Feind getrauet sich nicht das Feld zu halten. Bey der Stange halten, standhaft, beständig, treu bleiben. S. Stange. An etwas halten, demselben standhaft ergeben seyn, kommt noch zuweilen vor. Sie hält mit großer Demuth an den Sitten ihrer Vorfahren, Gell. Aber die biblischen Ausdrücke, an Gott, am Glauben, am Bekenntniß, an der Hoffnung halten, sind im Hochdeutschen ungewöhnlich. Zuweilen verschwindet der Begriff der vorher gegangenen Bewegung, und da bedeutet halten bloß aus einer gewissen Absicht ohne Bewegung seyn. Jenseit der Wiese hielten ein Paar verdächtige Leute zu Pferde.


Gottes lebender Wind hielt zwischen den ehernen Bergen

Unbeweglich,

Klopst.


Hinter dem Berge halten Soldaten. Figürlich bedeutet hinter dem Berge halten, auch, seine wahren Absichten, eine Sache verbergen, geheim halten. Mit etwas hinter dem Berge halten, damit geheim thun. Besonders in der Absicht, andern nachzustellen. Auf jemanden halten, auf ihn lauern. Man hielt auf ihn (den Simson) bey ihr in der Kammer, Richt. 16, 9. Abimelech stund auf und hielt auf Sichem mit vier Hausen, Kap. 9, 34. In welcher Bedeutung es aber im Hochdeutschen veraltet ist. Der Imperativ halt wird zuweilen als ein drohendes Zwischenwort gebraucht. Halt! ich will dich bezahlen.

3) Eines Partey halten, seiner Partey ergeben seyn, ihn vertheidigen, verfechten. Können sie glauben, daß ich ihre Partey gegen meine Schwester habe halten müssen? Less. Es mit jemanden halten, seiner Meinung seyn, ihm zugethan seyn. Ich halte es mit keinem. Ich halte es mit dem Weine, ich bin für den Wein.

4) Die Probe halten, d.i. aushalten, in der Probe echt erfunden werden. Im Oberdeutschen sagt man auch, das Feuer halten, den Hammerschlag halten, wo man im Hochdeutschen das Zeitwort aushalten gebraucht.

5) Das wird hart halten, oder, das wird schwer halten, das wird nicht anders als mit Mühe zu bewerkstelligen seyn.

6) Wie hälts? für wie gehet es? wie stehet es? Wie hälts, haben sie ausgeschlafen? Weiße.


Wie hälts? wird auf der Insel nicht geredt?

Mich.


Anm. Dieses Wort lautet schon bey dem Kero, Ottfried und andern haltan, im Isidor haldan, im Nieders. holden, hollen, im Dän. holde, im Angels. healdan, im Engl. to hold, und so fern es stille stehen bedeutet, halt, im Schwed. hålla, im Isländ. halda, im Holländ. houden. Weil dieses Wort in unsern ältesten Denkmählern für erhalten, servare, vorkommt, so nimmt Ihre diese Bedeutung für die erste ursprüngliche an, leitet es von Heil, Salus, und rechnet auch das Lat. incolumis, seiner zweyten und eigentlichen Stammsylbe nach dahin. Nach dem Wachter und Frisch ist custodire die erste ursprüngliche Bedeutung, weil es bey den ältesten Schriftstellern auch von dem Weiden oder Hüthen des Viehes vorkommt, daher sie es auch zu dem Latein. alere rechnen. So hirti ther thar heltit, Joch sines fehes weltit, Ottfr. wie ein Hirte, der sein Vieh hüthet und bewahret. Im Österreichischen ist daher Halter oder Viehhalter noch jetzt ein Viehhirt, und Halte die Weide. Im Nieders. ist Holung oder Holje die Kost; ein Kind in die Holung thun, in die Kost. Allein, es scheint der Analogie anderer Wörter und dem natürlichen Gange der menschlichen Begriffe gemäßer zu seyn, die einfachste, natürlichste und sinnlichste Bedeutung zum Grunde zu legen, zumahl da sie für alle übrigen ein so leichtes und schickliches Bild an die Hand gibt. Halten hat mit haben, zumahl, wenn man die veralteten Bedeutungen, deren eine große Menge ist, und die Mundarten mit dazu nimmt, viele Bedeutungen und Wortfügungen gemein, daher sich vermuthen lässet, daß sie näher verwandt sind, als es dem ersten Anblicke nach scheinen möchte. Unsere ältesten Schriftsteller gebrauchen für halten, tenere, das Wort haben, und noch jetzt ist in Baiern heben in dieser Bedeutung üblich. In der Bedeutung der Erfüllung eines Versprechens, einer Verbindlichkeit, sagt man im Braunschweigischen für holden oder halten auch heren. S. auch Held.


http://www.zeno.org/Adelung-1793. 1793–1801.

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