- Andacht, die
Die Andacht, plur. die -en, von dem ungewöhnlichen Verbo andenken. 1) Die Aufmerksamkeit oder Richtung des Gemüthes auf einen Gegenstand. In der weitesten Bedeutung nur noch im gemeinen Leben. In der anständigern Schreibart gebraucht man es nur in engerer, von der aufmerksamen Richtung des Gemüthes auf geistliche oder zum Gottesdienste gehörige Übungen; ohne Plural. Mit Andacht bethen. Einen zur Andacht bewegen. In der Andacht begriffen seyn.
Doch die Andacht leitet mich schon auf feurigen Flügeln
Hoch in die Wolken empor,
Zach.
Ingleichen in weiterer Bedeutung, die Neigung zu den Übungen der Gottseligkeit. Ein Werk der Andacht. Zuweilen aber auch im übeln Verstande, die ungeordnete Neigung zu der Religion und ihren Übungen. Die Andacht ist eine Krankheit kleiner Seelen; sie macht Fürsten allemahl zu Verfolgern, und ihre Unterthanen zu Schwärmern. 2) Eine besondere Übung der Religion, besonders das Gebeth, gleichfalls ohne Plural. Seine Andacht haben, oder verrichten, bethen. Ich mag kommen wenn ich will, so hat sie ihre Andacht, Gell. Ingleichen der Genuß des heiligen Abendmahles; besonders in der R.A. seine Andacht halten. 3) Eine Gebethsformel, mit dem Plural. Morgen- und Abendandachten, Morgen- und Abendgebethe. Ingleichen, erbauliche Betrachtungen, Reden von göttlichen Dingen, in welcher Bedeutung auch die Predigten zuweilen Kanzelandachten genannt werden. 4) Ein abstracter Titel, welchen so wohl Prediger ihren Zuhörern, als auch die Kaiser den geistlichen Churfürsten und Prälaten geben. Eure Liebe und Andacht. Deine Andacht.
Anm. Es scheinet, daß dieses Wort zu Kero's Zeiten noch unbekannt gewesen, weil er Statt dessen Kernissa, von kehren hat. Notker gebraucht Indahtigi, Gotedahte und Gedaht für Andacht; bey dem Stryker aber wird dieses Wort schon für die ganze Übung der Gottseligkeit genommen. In dem Monserischen Glossario wird Anadahtungo durch Intentio übersetzt.
http://www.zeno.org/Adelung-1793. 1793–1801.