- Saufen
Saufen, verb. irreg. act. et neutr. welches im letztern Falle das Hülfswort haben erfordert; ich saufe, du säufst, er säuft, (Oberd. du saufst, er sauft;) Imperf. ich soff; Mittelw. gesoffen; Imperat. sauf oder saufe. 1) Einen flüssigen Körper als einen Theil seiner Nahrung in sich ziehen, eigentlich, denselben mit starken Zügen, mit einem merklichen Laute in sich ziehen; daher es für trinken, besonders von solchen Thieren gebraucht wird, welche mit lautem Geräusche trinken. Dem Viehe zu saufen geben. Das Vieh säuft Wasser. Bis der Löwe das Blut der Erschlagenen saufe, 4 Mos. 23, 24. Von Menschen in dieser allgemeinen Bedeutung für trinken überhaupt ist es nur im harten und verächtlichen Verstande üblich. Daß sie ihren eigenen Mist fressen und ihren Harn saufen, Es. 36, 12. Ein Mensch der Unrecht säuft wie Wasser, Hiob 15, 16. Figürlich zuweilen in der dichterischen Schreibart von leblosen Dingen, einen flüssigen Körper reichlich in sich ziehen; wofür aber auch das anständigere trinken üblich ist. 2) In engerer Bedeutung, auf eine ausschweifende Art trinken, mehr trinken, als die Natur zur Stillung des Durstes bedarf; auch nur im harten, verächtlichen Verstande. So wohl absolute und als ein Neutrum, saufen, die lasterhafte Fertigkeit haben, mehr zu trinken, als die Natur bedarf, und als der Verstand ertragen kann, als auch mit dem Accusativ der Sache. Fressen und saufen. Die ganze Nacht durch saufen. Sich das Saufen angewöhnen. Dem Saufen ergeben seyn. Sich toll und voll saufen. Mit jemanden saufen. Wein, Bier u.s.f. saufen. Lauter im gemeinen Leben, oder doch nur im harten verächtlichen Verstande, übliche Redensarten.
Man säuft sich von Verstand bloß auf ihr Wohlergehn,
Zachar.
Daher das Saufen. S. auch der Soff.
Anm. Bey dem Kero suuffen, bey dem Notker soufen, der es auch für ersaufen gebraucht, in den gemeinen Oberdeutschen Mundarten soaffen, seefen u.s.f. im Angels. supan, sypan, im Nieders. supen, im Schwed. supa. Selbst im Hebr. ist סבא ingurgitavit. Das Wort selbst ist eine Onomatopöie, und ahmet den mit dem lauten Einziehen eines flüssigen Getränkes verbundenen Laut genau nach. Und da dieser Laut sich im Ganzen immer ähnlich bleibt, wenn gleich die Nebenumstände verschieden sind, so wird es bey verschiedenen Völkerschaften auch mit allerley Nebenbedeutungen gebraucht. Hornegk gebraucht saufen noch in der veralteten Bedeutung für schlürfen, und zuweilen auch für hinterschlucken, welche Bedeutung auch das Angels. supan und das Schwed. supa haben, und wovon unser Suppe abstammet. Das Angels. supan bedeutet auch kosten. Bey dem Ulphilas ist supan würzen, welches aber zu einem andern, obgleich verwandten Stamme, zu gehören scheinet. Das Bretagnische souba ist befeuchten, beitzen, das Französ. souper und Engl. to sup zu Abend speisen, und das Schwed. supa und Engl. to sup, sip, bedeutet auch mit kleinen Zügen trinken. Unser saufen druckt zunächst das Einschlürfen mit starken Zügen aus, und dieß ist auch die Ursache, warum es mit seinem ganzen Geschlechte für die anständige Sprechart in den meisten Fällen zu niedrig ist. Die Bedeutung des unmäßigen Trinkens war den Alten unbekannt. Die Oberdeutsche Mundart druckte diesen Begriff im 8ten Jahrhunderte durch ubardrinkan, übertrinken, aus. Die gemeinen Sprecharten haben von diesem Worte noch allerley abgeleitete Zeitwörter, welche im Hochdeutschen fremd sind. Dergleichen sind das Oberdeutsche Desiderativum säufern für dursten, das Nieders. Intensivum sobben, immer saufen, das Oberd. Intensivum supfen, mit lautem Schalle in sich schlürfen, das Nieders. Diminut. sipken, mit kleinen Zügen kosten, pitissire, und das gleichfalls Nieders. Activum söpen, zu saufen geben, tränken, wovon wir nur die Zusammensetzungen ersäufen und besaufen haben.
http://www.zeno.org/Adelung-1793. 1793–1801.