Schauer (3), der

Schauer (3), der

3. Der Schauer, des -s, plur. ut nom. sing. welches mit dem vorigen Eines Geschlechtes ist, aber noch in mehr eigentlicher Bedeutung gebraucht wird. Es bezeichnet eine schnell vorüber gehende, gemeiniglich zitternde oder doch rauschende Bewegung, deren Laut es eigenthümlich nachahmet, und wird noch in folgenden Fällen gebraucht.

1) Ein schnell vorüber gehender Sturm, ein schnell vorüber gehender Platzregen oder Hagel, eine vorüber gehende Erschütterung der Erde, wird noch häufig ein Schauer genannt. Skura windis ist schon bey dem Ulphilas ein Windsturm, und Jeroschin nennet eine vorüber gehende Erschütterung der Erde einen Schauer. Am üblichsten ist es von einem vorüber gehenden Platzregen oder Hagel, welche man so wohl einen Schauer schlechthin, als auch einen Regenschauer, einen Hagelschauer nennet. Der Schaur heißt im andern Teutsch der Hagel, Buch der Natur von 1483.


Eben hatte der weichende Winter von stürmischen Schwingen

Seine letzten Schaure (Schauer) von rieselndem Hagel geschüttelt,

Zachar.


Im Nieders. Schuur, im Angels. Scur, im Engl. Shower, im Schwed. Skur, alle entweder von einem Platzregen, oder von einem Hagel. Das Nieders. Schuur bedeutet auch eine dunkle Regen- oder Gewitterwolke, wo aber auch der Begriff der Dunkelheit, des Schattens, Statt findet. Im Tatian heißt Scouwen der Schatten.

2) Eine schnell vorüber gehende Erschütterung der Haut, dergleichen man bey einem plötzlichen Anfalle der Kälte, bey einem hohen Grade des Schreckens, des Abscheues, der Angst u.s.f. empfindet. Es läuft mir ein Schauer über die Haut. Der Schauer kommt mich an. Überläuft sie nicht ein Schauer bey diesen Frechheiten?


Der Schauer, welcher mich mit kalter Angst durchläuft,

Weiße.


Schon bey dem Stryker ist Schawr Schrecken, Horror, welches letztere selbst hierher gehöret, indem ihm nur der Zischlaut mangelt. Ein höherer Grad des Schauers heißt Schauder, vermittelst des intensiven d, und in Franken hat man das noch mehr verstärkte Schütter für Schauder und Schauer. Oft ist der Schauer eine Wirkung des höchsten Grades der Ehrfurcht, der mit einer Art von Furcht und Schrecken verknüpften Empfindung der Größe, der Majestät, daher es bey den Dichtern häufig für diese Empfindungen gebraucht wird.


Ein mächtiger Schauer rauscht

Durch das erschrockne Thal in dem kein Waldgott lauscht,

Cron.


O, senkt euch herab von rauschenden Wipfeln,

Heilige Schauer, die ganz die Seele des Dichters empfindet!

Zachar.


Wo sich aber auch der Begriff der feyerlichen Stille mit einschleicht, welche eine Figur der vorigen Bedeutung der Bedeckung seyn kann.

3) Eine jede schnell vorüber gehende mit einer Art eines Rauschens verbundene Veränderung. Ein Fieberschauer, ein Fieber-Parorysmus. Im Niederdeutschen heißt der Anfall der Epilepsie der Schauer, welchen Nahmen daselbst auch ein jeder vorüber gehender Anstoß, ja eine jede Zwischenzeit bekommt. Seinen tollen Schauer haben, seinen gewöhnlichen Anfall von Raserey. Der schlafende Schauer, der Anfall der Schlafsucht, der weinende Schauer, der Anfall der Lust zu weinen u.s.f. S. das Bremisch-Niedersächsische Wörterbuch.

Anm. Gleichfalls vermittelst der Endsylbe -er von schauen, so fern es ursprünglich eine schnelle gelinde rauschende Bewegung bezeichnet, deren verstärkte Grade durch schauden, scheiden, schütten, und zitternde Abänderung durch schauern, schäuern, schaudern, schüttern, schütteln u.s.f. ausgedruckt werden. S. Schauen Anmerk und Schauder.


http://www.zeno.org/Adelung-1793. 1793–1801.

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