Schwören

Schwören

Schwören, verb. irreg. ich schwöre, du schwörst etc. Imperf. ich schwor, (im gemeinen Leben, schwur;) Mittelw. geschworen; Imperat. schwöre. Es wird so wohl absolute und als ein Neutrum gebraucht, da es denn das Hülfswort haben erfordert, als auch als ein Activum. Es bedeutet, 1) betheuern überhaupt, besonders diejenige Art des Betheuerns, da man eine andere Person oder Sache zum Zeugen der Wahrheit und Rächer des Betruges anrufet, in welcher Bedeutung es noch im gemeinen Leben häufig gebraucht wird. Die Person oder Sache, welche man auf diese Art anrufet, bekommt gemeiniglich das Vorwort bey. Fluchen und schwören. Bey etwas schwören. Bey Baal schwören, Jer. 12, 16. Bey dem Himmel, bey dem Tempel, und dem Golde am Tempel, bey dem Altare u.s.f. Matth. 23. Bey Gott, bey allem, was heilig ist, schwören. Hoch und theuer schwören. Stein und Bein schwören, in eben diesem Verstande, im gemeinen Leben. Auf ähnliche Art sagten schon die Griechen und Römer Jovem lapidem jurare, welche R.A. sich im Polybius, Cicero, Gellius, Apulejus und andern befindet, und aus dem Gebrauche erkläret wird, da man ehedem bey einem feyerlichen Schwure einen Stein in der Hand hielt, und damit das daneben stehende Opfervieh todt warf. Bein beziehet sich vielleicht auf die Gebeine der Heiligen, bey welchen man in der Römischen Kirche zu schwören pflegt. Ich wollte nicht darauf schwören, d.i. ich wollte nicht schwören, daß es wahr ist; welche Wortfügung mit dem Vorworte auf sonst ungewöhnlich ist. Jemanden den Tod schwören. Er ist mein geschworner Feind, d.i. der mir gleichsam ewige Feindschaft geschworen hat. 2) In engerer Bedeutung ist schwören, Gott feyerlich zum Zeugen der Wahrheit und Rächer des Betruges anrufen. Einen Zeugen schwören lassen. Auf das Evangelium schwören, die Finger im Schwören auf das Evangelium legen. Einen leiblichen Eid schwören. Den Eid der Treue schwören. In eines andern Seele schwören, in seinen Nahmen. Die Soldaten schwören lassen, sie den Eid der Treue ablegen lassen. Ein Geschworner, Nieders. Swaren, in vielen Fällen, jemand, welcher geschworen hat, doch nur in engerer Bedeutung, ein beeidigter Aufseher, Richter u.s.f. denn beeidigte Bürger, Soldaten u.s.f. heißen so nicht. Es gehöret hier zu den vielen Ausnahmen von der Regel, wo die passiven Mittelwörter eine thätige Bedeutung haben, und umgekehrt. So auch das Schwören. S. auch Schwur.

Anm. Schon bey dem Ulphilas swaran, bey dem Kero suevran, bey dem Ottfried und im Tatian sueran, im Niedersächs. swören, im Angels. swerian, im Engl. to swear, im Schwed. svärja, im Isländ. sveria. Junius und Wachter leiten es von dem alten Gothischen sveran, ehren, Frisch von jurare, indem auch die Franzosen aus Juramentum ihr Serment gemacht, andere von dem Latein. severare in adseverare, noch andere von schwer, und wiederum andere von wahr her. Die letzte Ableitung würde die wahrscheinlichste seyn, wenn es nicht erweislicher wäre, daß schwören in seiner heutigen Bedeutung von einem alten Zeitworte abstammet, welches stark, laut reden überhaupt bedeutet hat, und als eine unmittelbare Onomatopöie dieses laut Redens zu dem Geschlechte der Wörter schwirren, susurrare, und Schwarm gehöret, welche Ableitung schon Twaithes in seinen Zusätzen zu dem Junius, und nach ihm Ihre eingesehen hat. Ohne das intensive sch war ehedem waren, wara, reden, wovon noch unser Wort, und vermuthlich auch wahr, bewähren und Gewähr abstammen. Von dieser allgemeinen Bedeutung des Redens und stark Redens wurde schwören und das gelindere wären von verschiedenen Arten der Rede gebraucht, welche bey der alten Einfalt der Sitten mit einer Heftigkeit und Lebhaftigkeit des Tones verbunden waren. Z.B. 1) für antworten. Im Schwedischen ist daher svara noch jetzt antworten, Angels. andswaran, und ohne Zischlaut andwaran, Engl. to answer. Noch im Willeram kommt waran für antworten vor. Siehe antworten und Wort. 2) In engerer Bedeutung, sich vor Gericht verantworten; Schwed. svara, wo daher auch Svarande der Beklagte ist, im Deutschen ehedem der Antworter. 3) Heftig bitten, in welchem wir noch beschwören gebrauchen. 4) Versichern, bestätigen, fest setzen; eine sehr alte Bedeutung, in welcher suuiron schon in den Baierischen Gesetzen vorkommt. Das Lat. severare ist damit verwandt. 5) Versprechen, geloben; eine noch in einigen Oberdeutschen Gegenden übliche Bedeutung, wo eine hingeschworne Braut eine verlobte Braut ist, ohne daß eben ein Eid dabey Statt fände. 6) Betheuern, in den noch gangbaren Bedeutungen. Wenn dieß voraus gesetzt wird, so ist das zusammen gesetzte Eidschwur kein Pleonasmus, indem Schwur hier in einer seiner allgemeinern Bedeutungen stehet, eine eidliche Versicherung, eidliche Angelobung, eidliche Antwort u.s.f. zu bezeichnen.

Was die Rechtschreibung betrifft, so ist die Schreibart mit einem e freylich die älteste und allgemeinste, und viele Mundarten sprechen ausdrücklich schweren. Indessen sticht doch im Hochdeutschen das ö merklich vor, und gehet im Imperfect und Mittelwort sogar in ein o und in Schwur in ein u über, welcher Übergang, der bey dem e nicht so gewöhnlich ist, diese Aussprache und Schreibart bestätiget, für welche der Unterschied von schwären und schweren allein kein hinlänglicher Grund seyn würde.


http://www.zeno.org/Adelung-1793. 1793–1801.

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