- Einmahl
Einmahl, ein Umstandswort der Zeit, welches mit dem Hauptworte Mahl und dem Worte ein zusammen gesetzet ist, und dessen verschiedene Bedeutungen von dem verschiedenen Gebrauche des letztern herrühren.
I. So fern ein das Zahl- und Beywort ist, hat eḯnmahl (richtiger getrennt, Ein Mahl) den Ton auf der ersten Sylbe. Es ist alsdann,
1. Dem mehr als Ein Mahl entgegen gesetzet. Ich habe ihn in meinem Leben nur Ein Mahl gesehen. Wir haben es mehr als Ein Mahl gehöret. Das ist zu viel auf Ein Mahl. Ein Mahl eins ist eins. Das Ein Mahl eins, ein Täfelchen, welches alle Producte enthält, welche heraus kommen, wenn man die Einer nach der Reihe mit einander multipliciret; Abacus Pythagoricus, von dessen Erfinder, dem Pythagoras. Ist das mein Freund, dem ich mehr als Ein Mahl mein Haus und mein Vermögen angebothen habe? Gell. Ein Glas auf Ein Mahl austrinken. Im gemeinen Leben wird auf Ein Mahl oft für zu Einer Zeit gebraucht. Also fielen diese sieben auf Ein Mahl, 2 Sam. 21, 9. Er schlug acht hundert auf Ein Mahl, Kap. 23, 8. Ingleichen für plötzlich, schnell. Auf Ein Mahl kam ein Blitz. Alles war still; auf Ein Mahl entstand ein Lärmen. In welchem Falle die Niedersachsen mit Ein Mahl und mit Eins sagen. Ein Mahl für alle Mahl, oder Ein für alle Mahl, ist eine gleichfalls in der Sprache des täglichen Umganges übliche Formel, den Nachdruck einer Versicherung, eines Verbothes, eines Befehles zu vermehren. Ich sage es dir Ein Mahl für alle Mahl. Ich befehle, verbiethe es dir Ein Mahl für alle Mahl. In dieser ganzen Bedeutung wird es richtiger getrennt, als zusammen gezogen geschrieben, weil hier weiter nichts als die gewöhnliche Verbindung eines Adjectivi mit seinem Substantivo ist, auch keine hervor stechende Figur die Zusammenziehung erfordert. S. Mahl, ingleichen in der Orthographie die Lehre von der Zusammensetzung. Es erhellet dieses unter andern auch daraus, weil beyde Wörter zuweilen ordentlich decliniret werden können und müssen. Daß er gestorben ist, das ist er der Sünde gestorben zu Einem Mahle, Röm. 6, 10. Und ward mit Einem Mahl erweicht, Gell. Wo um des größern Nachdruckes willen oft noch das einzig eingeschaltet wird. Ich habe ihn nur ein einziges Mahl gesehen. Da Ein hier das bestimmte Zahlwort ist, so schreibt man es auch gern mit einem großen Buchstaben, S. Ein.
2. Nach einer besondern Figur wird dieses Umstandswort zuweilen gebraucht, bloß den Nachdruck eines Satzes zu verstärken, doch mit einem Nebenbegriffe, der sich besser empfinden als beschreiben lässet. Es ist nun Einmahl geschehen. Was Einmahl geschehen ist, läßt sich nicht ändern. Er liebt sie, das ist Einmahl gewiß. Wenn man Einmahl in Gesellschaft ist, so kann man nicht zu aufgeweckt seyn. Da du es Einmahl hast, so kannst du es behalten. Weil ich doch Einmahl auf dem Wege bin, so will ich ihn besuchen. Es ist nun Einmahl nicht anders. Er ist nun Einmahl mein Freund nicht. Zuweilen verräth dieser Ausdruck einen gebietherischen Stolz. In dem Lustspiele Doris, oder die zärtliche Schäferinn, sagt Tiren:
Ich schenk' ihn aber dir; und Einmahl heb' ich dich.
Doris antwortet darauf:
Und Einmahl lieb' ich dich? Tiren, darf ich wohl fragen,
Was willst du eigentlich mit diesen Worten sagen?
Du dünkst dich, wie mirs scheint, gewiß nichts schlechts zu seyn.
Und Einmahl lieb' ich dich! Was bildst du dir denn ein?
Da hier eine wahre Figur Statt findet, so ist die Zusammenziehung hier eher zu billigen. Auch das große E läßt sich hier vertheitigen, wäre es auch nur, dieses Nebenwort dem Tone und der Bedeutung nach von dem folgenden zu unterscheiden.
So wie das Beywort Ein oft in Rücksicht auf die andern gebraucht wird, so beziehet sich auch Ein Mahl zuweilen auf das andere Mahl; wo denn wieder keine Zusammenziehung Statt findet. So wenig als in dem andern Mahl. Ein Mahl reden sie so verliebt, daß man erschrickt, und das andere Mahl so gleichgültig, als wenn sie mich zum erste Mahle sähen, Gell. Ein Mahl ist er glücklich, das andere Mahl ist er unglücklich. Ein Mahl über das andere, d.i. mehrmahls schnell hinter einander. Ich besinne mich, ihn Ein oder das andere Mahl gesehen zu haben, einige Mahle.
II. So fern aber ein der unbestimmte Artikel ist, hat das Umstandswort einmāhl den Ton auf der letzten Sylbe. Es bezeichnet alsdann eine unbestimmte Zeit, sie mag nun vergangen, zukünftig oder gegenwärtig seyn. 1. Eine vergangene unbestimmte Zeit. Es war einmahl ein Mann, der gewöhnliche Anfang der Feen-Mährchen. Er sagte einmahl zu mir, er hätte dich nie gekannt. Ich habe ihn wohl einmahl gesehen, aber ich weiß nicht wenn. Du hast einmahl was gehöret, und weißt nicht mehr was. Sollte wohl einmahl eine Zeit gewesen seyn, da die Menschen vollkommen tugendhaft gelebt haben? 2. Eine künftige unbestimmte Zeit. Er wird mich schon einmahl bezahlen. Ich hoffe ihn einmahl wieder zu sehen. Ich will schon einmahl kommen. Wenn du es einmahl lernen wirst. Was wird ihr Herz empfinden, wenn es sich einmahl von ihm trennen soll? Gell. S. Einst, Dereinst, Dermahleinst, welche auf ähnliche Art gebraucht werden. 3. Eine gegenwärtige, aber doch unbestimmte Zeit. 1) Den Nachdruck des endlich zu verstärken, oder dieses Wort zu ersetzen. Kömmst du endlich einmahl? Damit ich endlich einmahl schließe. Läßt du dich auch einmahl hören? 2) Oft, besonders in der vertraulichen Sprechart, wird es gern den Imperativen zugesellet, und verstärket alsdann den Nachdruck derselben. Hören sie einmahl, was die Leute dazu sagen. Kommen sie doch einmahl her. Stelle dir einmahl vor. Laß einmahl sehen, ob ich mir von deiner Lehrbegierde viel zu versprechen habe. 4. Figürlich begleitet dieses Nebenwort gerne die verneinenden Wörter, und druckt alsdann das tantum abest der Lateiner aus. Wie sollte ich es verstanden haben? ich habe es nicht einmahl gehöret. Ich kenne ihn noch jetzt nicht einmahl recht genau. Und hatte nicht einmahl sauer dazu gesehen, 1 Sam. 3, 13. Ach, ich mag nicht einmahl sagen, was er sagt. Weiße.
Dieß alles sagst du mir und wirst nicht einmahl roth?
Gell.
wo aber der Ton irrig auf dem ein lieget.
Anm. Das Zahlwort Ein Mahl heißt bey dem Ottfried einaz, bey spätern Schriftstellern ein Fahrt, ein Stund u.s.f. S. Mahl und Eins. Für das unbestimmte Umstandswort der künftigen Zeit gebraucht Kero eonaldre, ein Alter, d.i. eine unbestimmte Zeit.
http://www.zeno.org/Adelung-1793. 1793–1801.