- Gleichniß, das
Das Gleichniß, des -sses, plur. die -sse, welches in doppelter Gestalt vorkommt. 1. † Als ein Abstractum, ohne Plural, die Gleichheit, d.i. Ähnlichkeit einer Sache mit einer andern zu bezeichnen; in welcher Bedeutung es aber im Hochdeutschen veraltet ist. Da Gott den Menschen schuf, machte er ihn nach dem Gleichniß Gottes, 1 Mos. 5, 1. Im Isidor Chiliichnissu, bey dem Kero Kelichenisse, bey dem Notker Glichnisso, im Angels. Gelicnys, Licnysse. 2. Als ein Concretum. 1) † Ein körperliches Bild, welches eine andere Person oder Sache abbilden oder doch vorstellen, einige Ähnlichkeit mit derselben haben soll; ein gleichfalls veralteter Gebrauch. Du sollt dir kein Bildniß, noch irgend ein Gleichniß machen, weder deß u.s.f. 2 Mos. 20, 4. Und verwandelten ihre Ehre in ein Gleichniß eines Ochsens, Ps. 106, 20. Was für ein Gleichniß wollet ihr Gott zurichten? Es. 40, 18. Im Notker Kelichenisse. 2) Ein Wort oder eine Rede, welche eine uneigentliche oder bildliche Vorstellung einer andern Sache enthält. So ist das Wort flehen ein Gleichniß, weil es die dadurch bezeichnete Sache unter dem Bilde des Schmiegens und Krümmens vorstellig machen. In diesem weitesten Verstande sind die meisten Wörter in allen Sprachen Gleichnisse, Gleichnißwörter, oder Figuren. In engerer und gewöhnlicherer Bedeutung, eine Rede, welche eine andere Sache unter einem sinnlichen Bilde begreiflich macht, mit Bezeichnung des Gegenbildes, wodurch es sich von einer Allegorie unterscheidet; eine Gleichnißrede. In der engsten Bedeutung unterscheidet man ein Gleichniß von einer bloßen Vergleichung dadurch, daß jenes vollständiger und mehr ausgeführet ist, als diese. Jemanden ein Gleichniß geben. Gleichnisse können nur erläutern, nicht aber beweisen. Im Oberdeutschen ist es in dieser Bedeutung sehr häufig weiblichen Geschlechtes, (S. -Niß,) welches auch Luther mehrmahls beybehalten hat, der es über dieß auch für Allegorie gebraucht. Ein solches Gleichniß, Parabola, nennt Notker Widermezza und Widermezzungo, von widermezzen, vergleichen, ingleichen Wortbilida; Kero aber übersetzt Exemplum, ein Beyspiel, durch Keleisanit.
http://www.zeno.org/Adelung-1793. 1793–1801.