Speyen

Speyen

Speyen, verb. irregul. Imperf. ich spie; Mittelw. gespien. Es wird mit der vierten Endung als ein Activum, ohne dieselbe aber auch als ein Neutrum gebraucht, in welchem Falle es das Hülfswort haben erfordert. Es bedeutet, mit Heftigkeit aus dem Munde und mit dem Munde auswerfen.

1. Eigentlich, wo es wegen der damit verbundenen und dem Wohlstande zuwider laufenden Heftigkeit nur im gemeinen Leben und in den niedrigen Sprecharten üblich ist. Der Hund frisset wieder, was er gespeit (gespien) hat, 2. Petr. 2, 22. Die Speisen wieder aus dem Munde speyen. Blut speyen, auswerfen, durch den Mund von sich geben.

2. In einigen engern Bedeutungen. (1) Den Speichel auswerfen, als ein Neutrum, aber auch nur im gemeinen Leben, außer wenn man die damit verbundene Heftigkeit vorsetzlich andeuten will. Jemanden in das Gesicht speyen, zum Zeichen der äußersten Verachtung. Wenn ihr Vater ihr ins Angesicht gespeyet (gespien) hätte, 4 Mos. 12, 14. Sie schonen nicht vor meinem Angesichte zu speyen, (auszuspeyen), Hiob 30, 10. Von der gewöhnlichen Auswerfung des Speichels ist im gemeinen Leben der Hoch- und Niederdeutschen spucken, im Oberd. aber spützen und speicheln üblich. (2) Was im Magen befindlich ist, durch eine gewaltsame Zusammenziehung von sich geben. Galle speyen. Alles Essen wieder von sich speyen. Ingleichen ohne Accusativ als ein Reciprocum, sich speyen. Alles nur im gemeinen Leben, wofür in der noch niedrigen Sprechart kotzen, sich kotzen, im gemeinen Leben auch brechen, und sich brechen, in der anständigen Sprechart aber sich übergeben üblich sind. Die Härte des Wortes speyen zu verbergen, nennt man diese Handlung auch mit einer scherzhaften Zweydeutigkeit nach Speyer appelliren.

3. Figürlich, aus einer Öffnung als aus einem Munde mit Heftigkeit von sich geben. Der Berg speyet Feuer, wenn er brennende Mineralien mit Heftigkeit auswirft. Ein feuerspeyender Berg, welchen ungeschickte Übersetzer wohl mit einem Französischen Ausdrucke einen Vulkan zu nennen pflegen.


Der blanke Degen klirrt, das Pflaster speyet Gluth,

Zachar.


Wasser ausspeyen. Feuer und Flamme speyen, einen heftigen Zorn ausbrechen lassen. Geld speyen müssen, in der niedrigen Sprechart, es wider Willen hergeben müssen. So auch das Speyen.

Anm. Schon bey dem Ulphilas spiwan, bey dem Kero spian, bey dem Ottfried spiwan, spean, in einigen Oberdeutschen Gegenden spöwen, im Nieders. spijen, im Angels. spiwan, im Engl. to spew, spue, spawl, im Schwed. spy, im Ißländ. spya, im Lat. spucre, im Griech. σπειειν; alle, theils von der Auswerfung des Speichels, theils von dem Erbrechen. S. Speichel. Mit einem andern Endlaute, welcher gewisser Maßen diminutiv ist, wenigstens die Heftigkeit des breitern speyen mildert, wird von der gewöhnlichen Auswerfung des flüssigen Speichels im Oberd. spützen gebraucht, Angels. spaetan, spaedan, spittan, Lat. sputare, Griech. ψυττειν πτυειν, daher im Niedersächs. Spedel, der Speichel ist. Mit einem noch andern aber gleichfalls verkleinernden Endlaute ist dafür im Nieders. spucken üblich. Die reguläre Form, speyete, gespeyet, ist im Hochdeutschen ungewöhnlich.


http://www.zeno.org/Adelung-1793. 1793–1801.

Игры ⚽ Поможем написать курсовую

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Köken — † Köken, verb. reg. act. et neutr. welches im letztern Falle das Hülfswort haben bekommt, ein niedriges, im Hochdeutschen veraltetes Wort, für speyen, und figürlich und im verächtlichen Verstande, reden wie und was in den Mund kommt. Sie sind… …   Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart

  • Anspeyen — Anspeyen, verb. irreg. act. S. Speyen, an etwas speyen, den Speichel an etwas werfen, besonders als ein Merkmahl der höchsten Verachtung und des Abscheues. In figürlicher Bedeutung, für verabscheuen, doch nur in der gemeinen und niedrigen… …   Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart

  • Ausspeyen — Ausspeyen, verb. irreg. act. S. Speyen, aus dem Munde speyen. 1) Eigentlich. Blut ausspeyen. Ingleichen absolute und in der harten und niedrigen Sprechart, den Speichel auswerfen. Über etwas ausspeyen, aus Verachtung. Vor einem ausspeyen, aus… …   Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart

  • Kotzen — † Kotzen, verb. reg. neutr. welches das Hülfswort haben erfordert, und nur in den niedrigen Sprecharten üblich ist, sich erbrechen, sich übergeben, speyen. Es ahmet den Laut nach, so wie das mehr Oberdeutsche köken und Nieders. kören, welche… …   Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart

  • Spützen — Spützen, verb. regul. neutr. mit dem Hülfsworte haben, den Speichel auswerfen. Jesus spützete und rührete seine Zunge, Marc. 7. 33. Er spützete in seine Augen, Kap. 8, 23. Er spützete auf die Erde, Joh. 9, 6. Es ist ein ursprünglich Oberdeutsches …   Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart

  • Speichel, der — Der Speichel, des s, plur. inus. die natürliche Flüssigkeit im Munde, welche zu dessen Benetzung und zur Verdauung der Speisen dienet, deren Überfluß aber ausgespien, oder ausgeworfen wird; wodurch er sich von dem Geifer und dem zähen Schleime… …   Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart

  • Spucken — Spucken, verb. regul. neutr. mit dem Hülfsworte haben, welches gleichfalls nur im gemeinen Leben und der vertraulichen Sprechart Ober und Nieder Sachsens üblich ist, den Speichel auswerfen, speyen, spützen. Auf die Erde Spucken. So auch das… …   Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart

  • Hund — 1. A guate Hund ve laft se nit1 u2 an schlecht n is kua Schad. (Unterinnthal.) – Frommann, VI, 36, 63. 1) Verläuft sich nicht. 2) Und. 2. A klenst n Hund na hengt mer di grössten Prügel ou (an). (Franken.) – Frommann, VI, 317. 3. A muar Hüünjen a …   Deutsches Sprichwörter-Lexikon

  • Cornus mas — Kornelkirsche Kornelkirsche (Cornus mas), Illustration. Systematik Klasse: Dreifurchenpollen Zweikeimblättrige …   Deutsch Wikipedia

  • Dirndlstrauch — Kornelkirsche Kornelkirsche (Cornus mas), Illustration. Systematik Klasse: Dreifurchenpollen Zweikeimblättrige …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”