Triegen (2)

Triegen (2)

2. Triegen, verb. irreg. ich triege, du triegst, (Oberd. treugst,) er triegt, (Oberd. treugt;) Imperf. ich trog; Conj. ich tröge; Mittelw. getrogen; Imper. triege. Es bedeutet überhaupt, jemandes Erwartung oder Vertrauen zu dessen Nachtheil unerfüllet lassen, und ist in doppelter Gestalt üblich.

1) Als ein Neutrum, mit dem Hülfsworte haben, wo es absolute und ohne Meldung der Person, deren Erwartung unerfüllet bleibt, gebraucht wird, auch nur von Sachen üblich ist. Das Eis triegt, man kann sich nicht darauf verlassen. Das Wetter, die Hoffnung triegt. Die Sinne triegen oft. Wer redlich ist und auf die Götter traut, der wandelt nicht auf triegendem Sumpf, Geßn.

2) Als ein Activum mit der vierten Endung der Person, jemanden triegen, dessen gegründete Hoffnung zu dessen Schaden hintergehen, oder unerfüllet lassen, so wohl von Personen als Sachen. In dieser Bedeutung ist es im Hochdeutschen veraltet, wo Betriegen dafür üblicher ist, S. dasselbe. Man gebraucht es nur noch zuweilen als ein Reciprocum, sich triegen, sich irren. Trieg ich mich oder hör ich den zärtesten Gesang? Geßn.

So auch das Triegen.

Anm. Bey dem Notker in thätiger Form triegen, im mittlern Lat. mit einem andern Endlaute trufare, im Ital. truffare. Da fast alle Zeitwörter, welche eine Hintergehung bedeuten, Figuren der geschwinden Bewegung sind, durch welche solche am ersten und gewöhnlichsten bewerkstelliget wird, so scheinet triegen vermittelst des vorgesetzten intensiven t von regen gebildet zu seyn. Das Hauptwort lautet Trug; viele haben dieses als das Stammwort angesehen, und wollen daher wider alle Aussprache und Gewohnheit trügen, betrügen, Betrüger u.s.f. geschrieben wissen. Allein, die Hauptwörter stammen allemahl von Zeitwörtern her und nicht umgekehrt, und dieses Zeitwort wird im Deutschen sehr bestimmt triegen gesprochen. Die Selbstlaute sind in den Wörtern keinen Regeln unterworfen, und gehen in der Abstammung und Beugung durch alle Schattierungen durch. Wie man sagt, triegen, trog, Trug, so sagt man auch, schließen, schloß, Schluß; fließen, floß, Fluß; fliehen, floh, Flucht; schieben, schob, Schub; siechen, Sucht; ziehen, zog, Zucht u.s.f.


http://www.zeno.org/Adelung-1793. 1793–1801.

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  • Triegen (1) — 1. * Triegen, verb. reg. recipr. welches nur in einigen Gegenden üblich ist, sich auf etwas triegen, sich darauf verlassen. Als die noch zarte Welt lag gleichsam in der Wiegen, Durft einer sich auf nichts als auf die Unschuld triegen, Canitz. Im… …   Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart

  • Lügen — 1. Al lücht de munt, dat herte endoet des nicht. – Tunn., 25. Lügt auch der ⇨ Mund(s.d.), das Herz thut s nicht. (Cor non mentitur, licet os falsissima narret.) 2. Allein lügen am besten. – Lehmann, II, 26, 12; Simrock, 6645. 3. Bai lüget, dai… …   Deutsches Sprichwörter-Lexikon

  • Betriegen — Betriegen, verb. irreg. act. (S. Triegen,) die gegründete Erwartung eines andern, in der Absicht ihm zu schaden, unerfüllet lassen. Dieses geschiehet im gesellschaftlichen Leben, 1) auf die gröbste Art, wenn man einen andern unter dem Versprechen …   Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart

  • Trieglich — Trieglich, er, ste, adj. et adv. von dem Neutro triegen jemandes Erwartung zu dessen Nachtheil nicht erfüllend. Das Eis, die Hoffnung, das Wetter ist trieglich. Von dem Activo triegen, ist betrieglich üblicher, obgleich trüglich in dieser… …   Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart

  • trügen — blenden; täuschen; bluffen * * * trü|gen [ try:gn̩], trog, getrogen <itr.; hat: einen falschen Eindruck erwecken, zu falschen Vorstellungen verleiten: wenn mich mein Gedächtnis nicht trügt, dann war sie damals dabei; der [äußere] Schein trügt …   Universal-Lexikon

  • Lüge — 1. Af a Lug ghead a Wadschn. (Steiermark.) – Firmenich, II, 766, 61. 2. Alle Lügen ersticken in der Wiegen. Lat.: Mendacium non senescit. (Binder I, 1833; Schreger, 12.) 3. Alle Lügen sind krumm, grad ist keine, wie die Schlange auch. – Sailer,… …   Deutsches Sprichwörter-Lexikon

  • trügen — »irreführen, täuschen«: Das auf das dt. und niederl. Sprachgebiet beschränkte Verb (mhd. triegen, ahd. triugan, mniederl. driegen) ist im germ. Sprachbereich eng verwandt mit aisl. draugr »Gespenst« und weiterhin mit dem unter ↑ Traum (eigentlich …   Das Herkunftswörterbuch

  • Trug — trügen »irreführen, täuschen«: Das auf das dt. und niederl. Sprachgebiet beschränkte Verb (mhd. triegen, ahd. triugan, mniederl. driegen) ist im germ. Sprachbereich eng verwandt mit aisl. draugr »Gespenst« und weiterhin mit dem unter ↑ Traum… …   Das Herkunftswörterbuch

  • Trugbild — trügen »irreführen, täuschen«: Das auf das dt. und niederl. Sprachgebiet beschränkte Verb (mhd. triegen, ahd. triugan, mniederl. driegen) ist im germ. Sprachbereich eng verwandt mit aisl. draugr »Gespenst« und weiterhin mit dem unter ↑ Traum… …   Das Herkunftswörterbuch

  • Trugschluss — trügen »irreführen, täuschen«: Das auf das dt. und niederl. Sprachgebiet beschränkte Verb (mhd. triegen, ahd. triugan, mniederl. driegen) ist im germ. Sprachbereich eng verwandt mit aisl. draugr »Gespenst« und weiterhin mit dem unter ↑ Traum… …   Das Herkunftswörterbuch

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